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Ein prophetisches Schreiben
(Juni 2015)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Anmerkungen zur Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus über die Sorge für das gemeinsame Haus, mit Datum vom 24. Mai 2015, veröffentlicht am 18. Juni 2015

Das päpstliche Rundschreiben „Laudato si“ ist eine Sozialenzyklika und steht in der entsprechenden Tradition der Kirche seit Papst Leo XIII. (Rerum novarum, 1891). Die ökologische Frage ist zugleich eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Die Kirche wendet sich zugleich der bedrängten natürlichen Welt und Umwelt sowie den Menschen in Not zu („Option für die Armen“).

Der Mensch als Krone der sichtbaren Schöpfung trägt Verantwortung für sich selbst und die ihn umgebende belebte und unbelebte Welt. Er soll den Garten Gottes bebauen und behüten, jedoch keine schrankenlose, zerstörerische Herrschaft ausüben.

Am Kern aller Probleme liegt ein Fehlverständnis der menschlichen Freiheit. Sie wird als Absolutum ohne Grenzen aufgefasst. Eine technokratische Mentalität sieht dann die Natur nur als Objekt, das es zu unterwerfen gilt. Auch der Mensch selbst fällt diesem Denken zum Opfer. Er manipuliert die Welt um sich und auch sich selber, bis hinein in die elementarsten sozialen Beziehungen von Ehe und Familie.

Die Enzyklika ist interdisziplinär ausgerichtet: Die Forschungen und Ergebnisse der Einzelwissenschaften helfen, ein Gesamtbild der gegenwärtigen Lage zu erhalten. Sowohl die Analyse als auch die konkreten Antworten auf die Krise müssen umfassend sein, d.h. sie können nur im Dialog und Austausch der einzelnen Sichtweisen vorgenommen werden. Philosophie und Religion haben eine wichtige Rolle dabei.

Die Enzyklika richtet sich an alle Menschen guten Willens, besonders aber an die Gläubigen. Es handelt sich um ein Thema, das alle betrifft. Insofern ist die Zusammenarbeit aller von großer Wichtigkeit.

Die Kirche stellt die Werte der Schöpfung und des menschlichen Zusammenlebens heraus, ohne für alle konkreten Fragen fertige „technische“ Lösungen anbieten zu können und zu wollen. Es besteht Raum für einen berechtigten Pluralismus der Meinungen und erkenntnismäßigen Zugänge. Insofern erhebt die Enzyklika nicht in allen ihren Teilen einen lehramtlichen Anspruch.

Dem Herrschaftswissen, welches in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft dominiert und das sich auch die politisch Verantwortlichen zunutze machen, soll ein Orientierungswissen entgegen gesetzt werden, das die ganzheitliche Entwicklung des einzelnen Menschen und aller Menschen insgesamt sowie auch des „Hauses der Schöpfung“ als solchen berücksichtigt. Letztlich geht es um Bildung und Weisheit, um Überwindung von Egoismus, Hass und Gewalt durch eine sich konkret auswirkende Liebe und Gerechtigkeit.

Schon Johannes Paul II. hat von der „Humanökologie“ gesprochen (in Centesimus annus). Benedikt XVI. hat dies wiederholt aufgegriffen, so in der Enzyklika „Caritas in veritate“. Franziskus setzt diese Linie fort und aktualisiert sie. Er weist insbesondere auf die elementare Bedeutung von Ehe und Familie hin (Nr. 157 und 213). In Nr. 155 geht es um die Akzeptanz des eigenen Leibes als Gabe Gottes und dabei auch um die Wertschätzung des Körpers in der Weiblichkeit und Männlichkeit. D.h. es ist hier eine Kritik an der Gender-Ideologie impliziert, ohne dass dieses Wort ausdrücklich genannt ist. Abtreibung und verbrauchende Embryonenforschung werden abgelehnt.

Der Papst will wachrütteln, zur Umkehr aufrufen, motivieren. Die Umkehr muss individuell und gemeinschaftlich sein. Es geht um eine Reform der Gesinnungen, aber auch um eine Reform der Institutionen und Strukturen. Die tiefsten Quellen dazu sind im Glauben an Gott den Schöpfer zu finden, der zugleich auch unser Erlöser ist und der die Welt zur eschatologischen Vollendung führen wird.

Zitat zur Humanökologie und zur Achtung des Sittengesetzes:
155. Die Humanökologie beinhaltet auch einen sehr tiefgründigen Aspekt: die notwendige Beziehung des Lebens des Menschen zu dem moralischen Gesetz, das in seine eigene Natur eingeschrieben ist. Diese Beziehung ist unerlässlich, um eine würdigere Umgebung gestalten zu können. Papst Benedikt XVI. sagte, dass es eine »Ökologie des Menschen« gibt, denn »auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann« (Ansprache im Deutschen Bundestag, 22.09.2011).