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Nichts Unökumenisches ist geschehen!
Ein Kommentar (November 2000)

Josef Spindelböck

Mit schweren Vorwürfen ist die Salzburger evangelische Superintendentin Luise Müller an die Öffentlichkeit getreten. Der Trauergottesdienst im Salzburger Dom am 18.11.2000 für die Opfer der Katastrophe von Kaprun sei ein Schlag gegen die Ökumene gewesen, da der Hausherr des Doms, Erzbischof Eder, eine katholische Eucharistiefeier durchgesetzt habe, anstatt einen gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Auf diese Weise sei in einer „verächtlichen Art und Weise“ mit dem Leid und der Trauer von Menschen umgegangen worden, die nicht römisch-katholisch sind. Manche dieser Ansicht zustimmende Kommentatoren werten dies als weiteres Beispiel dafür, wie die katholische Kirche ihre Machtansprüche gegenüber Andersgläubigen durchdrücke.

Hier soll versucht werden, im Sinn ökumenischer Offenheit darzulegen, welche inneren – d.h. von der Sache her und nicht aufgrund von Machtinteressen bestehenden – Gründe die katholische Kirche bewogen haben, so und nicht anders zu handeln.

Es gab 155 Tote bei der Katastrophe am Kitzsteinhorn, davon waren vier Fünftel katholisch. Erzbischof Eder ging wie selbstverständlich davon aus, daß er für all diese eine heilige Messe, eine Eucharistiefeier, zelebrieren werde. Mit dieser Absicht wollte er niemanden vereinnahmen; wer nicht katholisch ist, brauchte sich hier nicht angesprochen zu fühlen. Freilich waren auch die Nichtkatholiken eingeladen, an diesem Gottesdienst teilzunehmen. Dies war im Sinn ökumenischer Offenheit und Gastfreundschaft zu sehen, nicht als römisch-katholische Zwangsbeglückung nichtkatholischer Angehöriger und Freunde der Verstorbenen. An die offiziellen Repräsentanten der nichtkatholischen Bekenntnisse erging ebenfalls die Einladung, an der römisch-katholischen Eucharistiefeier teilzunehmen, soweit dies mit ihrem Selbstverständnis vereinbar ist.

Aufgrund dieser Überlegungen und Initiativen kam es dazu, daß Erzbischof Eder am 18.11. ein feierliches Requiem für die Verstorbenen der Katastrophe von Kaprun zelebrierte. Nach katholischem Glaubensverständnis ist die heilige Eucharistie die unblutige Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Christi, welche die Kirche für alle Lebenden und Verstorbenen darbringt. Keine andere Form eines Gottesdienstes kommt dem inneren Wert einer heiligen Messe gleich, da diese das wirksame Opfer Christi ist, das er im Namen der Menschen im Heiligen Geist an Gott seinen himmlischen Vater richtet.

Tatsächlich nahmen viele Angehörige und Freunde der Todesopfer von Kaprun an der Meßfeier teil. Auch Nichtkatholiken waren dabei, ebenso die Repräsentanten nichtkatholischer christlicher Bekenntnisse. Diese waren sogar in den liturgischen Ablauf eingebunden. Am Anfang gestalteten Kardinal Schönborn und der evangelische Bischof Sturm gemeinsam eine Trauermeditation. Die Fürbitten wurden von Luise Müller eingeleitet und abgeschlossen; auch jener Text der Fürbitten, den andere vortrugen, stammte von ihr.

Wenn jetzt Vorwürfe gegen die katholische Kirche und insbesondere gegen Erzbischof Eder erhoben werden, dann ist zu fragen, worauf diese abzielen. Offenbar wäre es der Wunsch von Frau Müller gewesen, statt der heiligen Messe einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Daß es nicht dazu gekommen ist, macht sie jetzt der katholischen Seite zum Vorwurf. Ihr Ansinnen würde aber einschließen, daß die katholische Kirche gerade auf das verzichten sollte, was ihr am meisten bedeutet und am kostbarsten ist: nämlich auf die heilige Messe. Darf man das wirklich von einem ökumenischen Partner verlangen, ohne ihn zu überfordern und zu verletzen? Darf man das von den Hinterbliebenen der katholischen Angehörigen verlangen, daß sie auf den Trost einer öffentlichen Meßfeier für ihre verstorbenen Verwandten verzichten?

Nichts Unökumenisches ist daher in Salzburg geschehen, im Gegenteil: Erzbischof Eder ist den Nichtkatholiken auf größtmögliche Weise entgegengekommen, da sie alle zur Teilnahme eingeladen wurden. Wenn Ökumene allerdings im Sinn der Kritik von Frau Müller bedeuten sollte, auf das zu verzichten, was zum Wesen des katholischen Glaubens gehört, dann wäre dies ein schlechter Dienst, der weder der Wahrheit noch der Liebe gerecht würde. Nur dort, wo wir Katholiken den eigenen Glauben als Geschenk Gottes begreifen und zu leben versuchen, kann Ökumene wirklich gelingen!