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Mein Weg zu Maria
Rezension zu Gabriele Kuby: Mein Weg zu Maria (1998)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Gabriele Kuby: Mein Weg zu Maria. Von der Kraft lebendigen Glaubens, München 19983 (Wilhelm Goldmann Verlag, Reihe Arkana, ISBN 3–442–33613–9, 350 Seiten, DM 39.90 / sFr 37.00 / öS 291.00)

Es ist schon eigenartig: Gabriele Kuby, eine Übersetzerin vorwiegend esoterischer Schriften, entdeckt auf ihrer langjährigen Suche nach spirituellen Werten auf unerwartete Weise die katholische Kirche. Ihren Glaubensweg beschreibt sie in einem autobiographischen Buch, das vor kurzem in einem Verlag erschienen ist, dem man dies nicht zutrauen würde: „Goldmann“ verbreitet nämlich nicht selten esoterische Literatur.

Evangelisch getauft, als Studentin aus der (ev.) Kirche ausgetreten, findet Gabriele K. dort die Quellen des Lebens, wo sie dies zuerst überhaupt nicht für möglich hält: im Glauben und in den Sakramenten der katholischen Kirche.

Ihr Bekehrungsweg wird möglich durch das Gebet, mit dem sie sich auf Anraten einer Freundin in ihrer Not durch Maria an Gott wendet. Stufenweise schreitet sie voran zur Fülle jener Wahrheit, die uns Menschen in Jesus Christus, dem Sohne Gottes, erschienen ist. Sie wallfahrtet nach Medjugorje und Schio[1] und läßt sich in die katholische Kirche aufnehmen. Vieles ändert sich in ihrem Leben. Frau Kuby hat mehr innere Ruhe, sie wird fähig zu Verständnis und Verzeihen. Sie lernt mit Leid umzugehen und dies als Weg zur Erlösung zu verstehen. Immer mehr dringt sie ein in die Geheimnisse des katholischen Glaubens. Die Muttergottes wird nicht länger als Randfigur gesehen, sondern als geistlicher Mutter aller Suchenden und Glaubenden. In Exerzitien vollzieht Gabriele die Weihe an Maria gemäß dem heiligen Ludwig Maria Grignion von Montfort.[2]

Das Buch empfiehlt sich für all jene, die auf der Suche sind, um zu einer tieferen Nachdenklichkeit zu gelangen, die den Boden bereiten kann für die Öffnung des Herzens gegenüber Gott. Christen, die bereits im katholischen Glauben leben, können das Glaubenszeugnis von Frau Kuby zum Anlaß nehmen, in ihrem Leben nach dem Wesentlichen zu fragen und die Wege Gottes bei anderen Menschen und bei sich selber wieder neu zu entdecken.

Daß auch Sichtweisen zur Sprache kommen, die dem Rezensenten mit dem katholischen Glauben unvereinbar scheinen, darf nicht vom strengen Maßstab des Dogmatikers her gesehen werden, der mit Recht nach der Reinheit der Lehre fragt. Es ist ein Lebensbuch als Zeugnis einer „Lebens-Erfahrung“, und das Leben ist nicht immer „klinisch rein“, sondern kann Fragen und Zweifel enthalten. Diese werden freilich immer mehr von der göttlichen und katholischen Wahrheit aufgelichtet, je mehr der Mensch sein Herz für das Wirken der Gnade öffnet. Den Eindruck ehrlichen Suchens und Ringens hat man beim Lesen dieses bewegenden Zeugnisses durchaus. Und das genügt schon, damit Gott wirken kann, der uns zu Jesus führt durch Maria!

Leseprobe:

 

Viele Menschen klagen bitter darüber, daß der Katholizismus ihnen in der Kindheit und Jugend Selbstliebe und gedeihliches Heranwachsen zu Freiheit und Selbstbestimmung verwehrt hat, weil man „immer schon mit einem Fuß in der Verdammnis stand“. Wenn es so war, dann haben die Menschen, die für das Kind die Kirche und Familie repräsentiert haben, den Widerspruch zwischen Schuld und Erlösung nicht ausgehalten und haben ihn nicht in ihrem Herzen und dem der Kinder ausgeglichen, sondern sie haben sich auf eine Seite geschlagen, auf die der Schuld und des strafenden Gottes. Warum? Weil sich auf diese Weise Machtverhältnisse in Familie, Kirche (und Staat) durchsetzen lassen. Der Preis ist hoch, es ist der Verlust der Erfahrung unserer Gotteskindschaft.

Aber war das alles? Gab es wirklich nur diese Seite?

Wenn wir aus einer wichtigen Beziehung, etwa einer Ehe, aussteigen, dann halten wir es in der Regel für sinnvoll, uns damit auseinanderzusetzen, warum wir der Herausforderung zur Liebe. nicht gewachsen waren. Man nennt das „verarbeiten“, und an jeder Ecke gibt es einen Therapeuten, der uns dabei helfen will.

Wenn wir aus der Beziehung zu Gott aussteigen, was soviele schuldbeladene Katholikenkinder als junge Erwachsene getan haben – mit und ohne formellen Austritt aus der Kirche –, dann geschieht nichts dergleichen. Es ist ein relativ leichter Schritt, denn wir brauchen uns nur dem breiten Strom des Zeitgeistes zu überlassen, der mit Gott nichts zu schaffen hat. Die Beziehung zu Gott, die in den Brechungen der menschlichen Beziehungen die Kindheit mitgeprägt hat, bleibt unbearbeitet und wird verdrängt. Es gibt auch niemand, der einem dabei helfen würde. Priester kommen nicht in Frage, weil man das ja alles hinter sich gelassen hat, und Therapeuten haben es nicht mit der Religion, jedenfalls habe ich keinen gefunden. Sie sind in dieser Hinsicht in derselben Lage. So wird all das, was unbearbeitet geblieben ist, was nicht integriert ist, zum Stein, der gegen die Kirche geschleudert wird. Zielpunkte sind leicht zu finden und Menschen, die applaudieren, auch.

Was beißt das, „nicht integriert“? War da nicht beim kleinen Kind ein Vertrauensverhältnis zu Gott? War da nicht irgend wann einmal eine innere Bezogenheit auf die unsichtbare Welt? Gehörten Jesus und Maria und Engel und Heilige für ein katholisches Kind nicht einfach zu seiner Welt? Gab es nicht rührende, fromme, gläubige Kindergebete? Gab es nicht manchmal den Entschluß, gut zu sein? Haben die katholischen Kirchenfeste nicht Glanz und Rhythmus in den menschlichen Alltag gebracht? Gab es da nicht irgendwo einen frommen Menschen, an dem nichts Scheinheiliges, nichts Verlogenes war, sondern Wärme und Liebe in den Augen und irgendeine kleine Tat, die in Erinnerung geblieben ist? Gab es vielleicht einmal ein Erlebnis, in dem uns der Himmel direkt angerührt hat?

Integrieren heißt, sich diese Gefühle wieder anzueignen, es sind ja die eigenen, und den Schmerz zuzulassen, der sich dann vielleicht einstellt – und die Sehnsucht. Wer das tut, wird nicht wütend auf die Kirche sein und auch nicht gleichgültig, sondern traurig, wenn sie die frohe Botschaft verdunkelt.

Zitiert aus:

Gabriele Kuby, Mein Weg zu Maria. Von der Kraft lebendigen Glaubens, München 19983, 262 f.

 

 


 

 

[1] Der Rezensent steht kirchlich nicht anerkannten Erscheinungsorten mit Vorbehalt gegenüber. Doch können auch an Orten, wo möglicherweise keine echten Erscheinungen stattfinden, Wunder der Gnade geschehen für jene, die ehrlichen Herzens Gott suchen und sich im Gebet an ihn wenden.

[2] Vgl. Das Goldene Buch der vollkommenen Hingabe an Jesus durch Maria vom heiligen Ludwig-Maria Grignion von Montfort, Freiburg 199625 (Kanisius Verlag).