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Sam 6. Aug 2016 10:31

Fanatismus im Islam hat auch religiöse Wurzeln

(kathpress.at) "Wer glaubt, fundamentalistische Gewalt habe mit Religion nichts zu tun, erliegt einer Selbsttäuschung": Das hat die islamische Theologin und Religionswissenschaftlerin Hamideh Mohagheghi bei einem Vortrag im Rahmen der "Salzburger Hochschulwochen" am Freitag (05.08.2016) unterstrichen. Religiöser wie politischer Fanatismus und darauf folgende Gewalt seien zwar unmittelbare Reaktionen auf gesellschaftliche Umbrüche und Destabilisierungen, zugleich jedoch spiele Religion als jener Ort, an dem nach einfachen und schnellen Antworten gesucht werde, eine wichtige Rolle. "Es ist das Gebot der Stunde, genau hinzusehen und nicht den Fanatikern die Deutungshoheit über die religiösen Quellen zu überlassen", mahnte die am Seminar für Islamische Theologie der Universität Paderborn lehrende Mohagheghi.

Gesellschaftliche Umbrüche würden zahlreiche Menschen heute überfordern und verunsichern. Daher gelte es, sich den Sorgen gerade auch der jungen Menschen in besonderer Form zuzuwenden, da diese eine Affinität zu schnellen Antworten auch in der Religion besäßen. "Wir müssen nicht nur verstehen, was Menschen zu leidenschaftlichen religiösen Fanatikern macht, sondern auch leidenschaftlich dagegen antreten", so die Theologin. Bloße Theologie und das Pochen auf theologischen Richtigstellungen sei nicht genug, man müsse genauer nach den Ursachen der Anfälligkeit gerade auch junger Menschen für religiöse kurzschlüssige Antworten und sich auf Religion berufende grassierende Gewalt forschen.

Aus Fundamentalismus und Fanatismus spreche stets eine individuelle Unsicherheit und ein "Bedürfnis nach Sicherheit", nach Identifikationsfiguren, nach Einfachheit und Selbstbestätigung. "Es sind Menschen, die das Gefühl haben, den Boden unter den Füßen zu verlieren". Fundamentalismus sei daher letztlich eine "Fluchtbewegung in Gewissheit", die selbst die Hörigkeit auf neue, vermeintliche Autoritäten in Kauf nimmt "aus purer Angst vor dem Verlust der neu gewonnenen Gewissheit". Dies sei etwa auch bei den Kämpfern des "Islamischen Staates" zu beobachten. Aus diesen Beobachtungen folge jedoch auch, dass es sich bei religiösen Fundamentalisten in den meisten Fällen um "induzierte Fanatiker" handle, so Mohagheghi, das heißt um Fanatiker, die - im Alltag eher unauffällig, durchschnittlich und sozial angepasst - sich von anderen Menschen "anstecken" lassen. 

Theologisch gelte es offen zu thematisieren, dass etwa islamische Quellen tatsächlich eine "Sprache der Gewalt" kennen; eine fundamentalistische Auslegung blende jedoch den jeweiligen Kontext der Texte aus und fokussiere ausschließlich auf diese Aussagen. Indem weiters das diesseitige Leben und die Welt radikal abgewertet würden, komme es zu einer gleichsam theologischen Legitimierung der Gewalt in der Welt. So könne eine missbrauchte religiöse Tradition zugleich zum "Zündstoff für Fanatismus" werden. 

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