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Predigt:

Die Kraft der Stille

7. Sonntag der Osterzeit A (28.05.2017)

L1: Apg 1,12-14; L2: 1 Petr 4,13-16; Ev: Joh 17,1-11a


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der aus Guinea (Afrika) stammende Kurienkardinal Robert Sarah hat ein Buch veröffentlicht, das in diesen Tagen auch auf Deutsch erschienen ist: „Die Kraft der Stille. Gegen eine Diktatur des Lärms“.[1] Sarah ist Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Als solcher ist ihm das Gebet ein besonders Anliegen sowie auch die meditative Stille. Denn nur dann kann Gott zu uns sprechen, wenn wir innerlich und äußerlich ruhig werden. Die Kraft des Wortes erwächst aus dem Schweigen und der erfüllten Stille!

In der Lesung aus der Apostelgeschichte wird uns berichtet, dass sich die Apostel und Jünger zusammen mit den an Christus glaubenden Frauen nach der Himmelfahrt Jesu zurückgezogen haben. Sie versammelten sich im Obergemach jenes Hauses, wo Jesus mit seinen Aposteln das Letzte Abendmahl gefeiert hatte. Dort also, im Abendmahlssaal, harrten sie aus, alle zusammen, mit Maria in ihrer Mitte, und beteten um den Beistand, den Jesus verheißen hatte und den er vom Vater her senden würde: um den Heiligen Geist.

Aus der erfüllten Stille, aus dieser Zeit des Gebetes schöpften die ersten Christen Kraft. Ihr aktives Hinhören auf Gott befähigte sie zu wahrer Hingabe an ihren Herrn und Erlöser. Neun Tage lang beteten die ersten Christen um das Kommen des Heiligen Geistes, und dann, am Pfingsttag, kam dieser herab auf die Jünger unter der Gestalt von Feuerzungen und mit Sturmesbrausen! Ihr Herz war von da an mit dem Feuer der Liebe erfüllt; der Geist Gottes befähigte sie zu einem missionarischen Zeugnis in der Welt, und viele Juden und Heiden bekehrten sich, ließen sich taufen und schlossen sich der Gemeinde der ersten Christen an.

Sind wir in der heutigen Zeit überhaupt noch in der Lage, das sanfte Wehen des Heiligen Geistes wahrzunehmen? Kennen wir jene Kraft, die aus einer erfüllten Stille erwächst, in der wir Gott und dem Nächsten Raum geben? Oder leiden wir in unserer medial vernetzten Welt nicht vielleicht manchmal an einem „Wortdurchfall“ und einer „Überflutung durch Bilder“, sodass wir zwar vielerlei reden, schreiben und in Bildern vermitteln, letztlich aber doch eben dadurch „nichts sagen“, was von Bedeutung ist?

Wenn sich zwei Menschen wirklich lieben, genügen oft wenige Worte. Die beiden sind zusammen, blicken sich tief in die Augen, verbringen einfach die Zeit miteinander. In kurzen, aber bedeutsamen Sätzen und mit wenigen Worten vermögen sie Tiefstes auszudrücken, eben die Liebe, die sie erfüllt. Sollte es in der Beziehung zu Gott nicht ähnlich sein, wenn Gott wirklich Liebe ist und wir seine Kinder sind?

„Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet.“ (Mt 5,7–8)

Diese Worte unseres Herrn Jesus Christus erinnern uns daran, dass jedes äußere Beten auch von einer inneren Hinwendung zu Gott begleitet sein soll. Natürlich sind wir oft abgelenkt, wenn wir zu Gott beten. Wenn jemand meint, dann sei es besser, ganz mit dem Beten aufzuhören, so wäre dies nicht richtig. Es wird das Beste sein, einfach das Herz immer wieder neu Gott zuzuwenden.

Beispielsweise kann uns beim Beten des Rosenkranzes alles Mögliche einfallen. Und doch schenken wir Jesus gerade das durch die Hände Mariens, was uns im Herzen bewegt. So machen wir unser eigenes Leben zum Gebet, und wir finden hin zu innerer Sammlung und Stille. Daraus erwächst uns neue Kraft.

Ja, beten wir in diesen Tagen vor Pfingsten in Vereinigung mit der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria um die Gaben des Heiligen Geistes! Maria ist auch in der Kirche unserer Tage gegenwärtig; sie ist das betende Herz der Kirche. Wenn wir uns ihr anschließen, dann finden wir bei Gott Erhörung.

„Die Stille in der Liturgie … ist ein Höhepunkt, der auf den Heiligen Geist hinweist: auf seine Gegenwart, sein Wirken … Die liturgische Stille ist ein Ruf, in dem wir uns dem Handeln des Geistes zur Verfügung stellen. Er spricht in der Stille. Um ihn zu hören, braucht es die Stille.“[2]

Aus der Kraft der Stille vermag der Geist Gottes in uns zu wirken. Er treibt uns an, Gott zu dienen und für unsere Mitmenschen in Liebe da zu sein. Amen.

 


[1] Erschienen im fe-Medienverlag, Kißlegg 2017.

[2] Achille Maria Triacca, Lo Spirito santo nella liturgia e nella vita della Chiesa, Vatikan 2011, zitiert von Robert Kardinal Sarah in seiner Buchvorstellung in Rom am 24.05.2017.