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Predigt:

16. Sonntag im Jahreskreis C (22.07.2001)

L1: Gen 18,1-10a; L2: Kol 1,24-28; Ev: Lk 10,38-42


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wir Menschen können sehr unterschiedlich sein. Jeder von uns hat bestimmte Eigenarten und Vorlieben. Wären wir alle einander gleich, dann würde dies eine Verarmung unseres Lebens bedeuten. Wir alle ergänzen und brauchen einander, ein jeder mit seinen Gaben und Fähigkeiten, zum Wohle aller!

Dies gilt auch für die beiden Schwestern Maria und Martha, von denen wir im heutigen Evangelium gehört haben. Jesus ist immer wieder bei diesen beiden Geschwistern und ihrem Bruder Lazarus vorbeigekommen und zu Gaste gewesen. Er war mit ihnen in herzlicher Freundschaft verbunden. Es müssen Menschen gewesen sein, die in besonderer Weise bereit waren für die frohe Botschaft von der Liebe Gottes, die er verkündete, und die ihm auch persönlich zugetan waren.

Eigentlich ist eine Episode wie die eben im Evangelium gehörte typisch für uns Menschen! Da richtet sich die eine gut ein und läßt es sich wohl ergehen auf Kosten der anderen: Maria überläßt die ganze Arbeit ihrer Schwester Martha. Sie sitzt da und hört zu, was Jesus erzählt, während die andere „schuften“ muß ... So möchten wir meinen.

Doch Jesus Christus sieht das anders: Er hilft seltsamerweise zu Maria, indem er sagt, sie habe das Bessere erwählt. Martha plage sich zwar redlich und mache sich viele Sorgen, doch entscheidend sei nur eines: nämlich auf Gottes Wort zu hören.

Was auf den ersten Anschein wie das Lob einer Faulen durch Jesus aussieht, ist in Wirklichkeit doch anders. Haben Sie schon einmal eine Situation erlebt, wo sie als Gast so sehr umsorgt wurden mit allem Möglichen und doch die Gastgeber nicht wirklich Zeit für Sie hatten? Da setzt man dem Besucher dieses und jenes vor, fängt an, große Dinge vorzubereiten, doch für ein wirkliches Gespräch hat man kaum Zeit. Und eben das würde sich der Gast gerade erwarten ...!

So mag es Jesus gegangen sein, als ihn Martha zwar liebevoll bediente, aber doch nicht wirklich Zeit für ihn hatte. Maria hingegen war ganz von seinen Worten erfüllt und saß voll Andacht und Ergriffenheit zu Füßen des Meisters. Sie hatte ein Ohr für seine heiligen Worte und begriff, wie groß die Geheimnisse Gottes sind!

Das Leben vieler Menschen besteht aus Aktivismus: Immer muß sich etwas rühren, etwas muß ständig in Bewegung sein. Ist es nicht die Arbeit, so sind es die vielen Freizeit-Aktivitäten, mit denen wir uns buchstäblich zu Tode hetzen. Dabei gehen viele andere Dinge unter. Wo bleibt noch Zeit für das familiäre Gespräch, für das besinnliche Lesen eines Buches oder gar für das Gebet oder die Lesung der Heiligen Schrift?

„Nur eines ist notwendig“, sagt Jesus, und im Grunde wissen wir dies genau. Wenn wir nämlich im innersten Herzen nicht in Einklang sind mit uns selbst, mit dem Nächsten und vor allem mit Gott, dann nützt uns alles übrige nichts. Es ist dann wie das Verdrängen gerade dessen, was am Wichtigsten für uns wäre.

Lassen wir uns also wieder hinführen zum Wesentlichen! Haben wir den Mut, uns von den selbstgemachten Zwängen der ständigen Beschäftigung oder Ablenkung zu befreien. Ein zeitweiliger Verzicht oder doch maßvoller Umgang mit Dingen, ohne die wir scheinbar nicht sein können (Fernsehen, Internet ...), kann uns wieder offen machen für Menschen, denen wir sonst nichts mehr zu sagen haben. Es kann uns ein neues Hinhören auf Gott im Gebet geschenkt werden. Und dann werden wir plötzlich auch wissen, was wir wirklich zu tun haben im Leben ...!

Nicht mehr alle möglichen eigenen Pläne stehen dann im Vordergrund, sondern wir werden uns fragen, wo wir Gutes tun und anderen Menschen helfen können. Die Zeiten des Gottesdienstes und des Gebetes werden uns kostbar werden, weil wir spüren, wieviel Kraft davon ausgeht für unseren Alltag.

Ja, „Maria hat das Bessere erwählt, und das soll ihr nicht genommen werden!“ Möge uns diese Einsicht in unserem Leben begleiten, dann werden wir den Frieden erfahren, den nur Gottes Liebe uns schenken kann. Sein Segen begleite unser Leben und vollende unser Glück in der Ewigkeit des Himmels! Amen