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Predigt:

Herr, lehre uns beten!

17. Sonntag im Jahreskreis C (24.07.2016)

L1: Gen 18,20-32; L2: Kol 2,12-14; Ev: Lk 11,1-13


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

So wie Jesus konnte niemand beten: Er, der menschgewordene Sohn Gottes, zog sich immer wieder für eine gewisse Zeit zurück in die Einsamkeit, um zu seinem Vater im Himmel beten. Dies muss einen besonderen Eindruck auf seine Jünger hinterlassen haben. So erwachte auch in ihnen die Sehnsucht, beten zu können wie er: „Herr, lehre uns beten!“

Was dann folgt ist das Vaterunser. Es ist ein einzigartiges Gebet der innigsten Vertrautheit mit Gott. So nahe ist uns Gott, der zugleich der Allmächtige und Erhabene bleibt, dass wir ihn „Vater“ nennen dürfen. Wir sind ja in der Heiligen Taufe Kinder Gottes geworden, und in Jesus Christus dem Sohn Gottes sind wir zu Söhnen und Töchtern Gottes geworden und untereinander zu Brüdern und Schwestern.

Die ersten Bitten des Vaterunsers richten sich auf die Verherrlichung Gottes, die übrigen beinhalten das, was wir Menschen brauchen. Doch auch dort, wo es um die Ehre Gottes geht, ist Gott nicht auf uns angewiesen; es ist vielmehr ein Geschenk seiner Gnade, dass wir ihn loben und preisen dürfen. Wir tragen nichts bei zur Vermehrung der Herrlichkeit Gottes, doch uns gereicht es zum Heil, wenn wir Gott anbeten und ihm dienen.

Die einzelnen Vaterunserbitten, die uns selber betreffen, sind ausgerichtet auf zeitliche und auf ewige Güter. Zeitlich ist all das, was unser irdisches Leben betrifft und der Vergänglichkeit unterliegt: so beten wir um das tägliche Brot und alles Übrige, was zu unserem Lebensunterhalt gehört! Gott sorgt in seiner Vorsehung für uns; freilich sollen wir auch mitwirken, indem wir unsere Talente und Fähigkeiten einsetzen zum Wohl aller. Dabei geht es um einen gerechten Ausgleich zwischen Arm und Reich und unter den Völkern. Wer sein Brot zu teilen vermag, empfängt mehr, als er gibt. Hier gibt es großartige Beispiele von Menschen, die das Wenige, das sie besaßen, noch mit anderen geteilt haben, sodass alle satt werden konnten.

Auch die Bitte um Vergebung unserer Schuld und um die Bewahrung vor der Sünde und allem Bösen ist wichtig: Hier tritt die Dimension des ewigen Heils hervor. Gott erlöst uns in seinem Sohn Jesus Christus von unserer Schuld. So wie Gott an uns barmherzig handelt, sollen auch wir aneinander handeln und einander die Schuld vergeben. Wir beten auch, dass Gott uns Kraft gebe in den Stunden der Prüfung und Versuchung, sodass wir in Treue aushalten und den Kranz des ewigen Lebens erlangen.

Anschließend an die Vaterunser-Rede weist Jesus seine Jünger noch auf den Wert des vertrauensvollen Gebets hin. Da Gott gut und allmächtig ist und weiß, was wir brauchen, erhört er unsere Bitten, die wir mit Ausdauer und in Beharrlichkeit vor ihn bringen. Wenn schon ein irdischer Vater seinen Kindern das gibt, was gut ist, dann wird der himmlische Vater uns jedenfalls das schenken, was wir brauchen. Die eigentliche Gabe Gottes aber ist der Heilige Geist. Denn im Heiligen Geist empfangen wir die Liebe, die unser Herz mit Gott und den Mitmenschen verbindet. Der Heilige Geist ist unser Beistand, er schenkt uns alle guten Gaben. Hier schenkt Gott sich uns selbst.

So wollen wir im Vertrauen unseren Weg mit Gott gehen. In der Zeit der Erholung und des Urlaubs gibt es bestimmt auch Momente der Stille und der Ruhe. Jedenfalls sollten wir diese bewusst suchen und uns Zeit nehmen für uns selbst, für unsere Mitmenschen und vor allem für Gott. Wenn wir auf diese Weise unser Herz in der Gegenwart des Herrn beruhigen, dann wird uns Kraft und Hilfe zuteil für unseren Alltag. Denn je mehr uns Gott schenkt, desto mehr können wir auch weitergeben an unsere Mitmenschen.

Auf besondere Weise war Maria, seine Mutter, mit Jesus Christus verbunden. Ihr Leben verbrachte sie in der ständigen Gegenwart Gottes, und dies auch in allen praktischen Angelegenheiten. So kann uns die Gottesmutter Maria einführen in eine Haltung des Gebetes, wo wir im Herzen mit Gott verbunden sind und innerlich zu ihm aufschauen. Vielleicht entdecken wir ja den Rosenkranz als biblisch fundiertes Gebet neu: Jedes Gesätz beginnt mit dem „Gebet des Herrn“, dem Vaterunser, und dann preisen wir die Gottesmutter Maria und lassen uns an ihrer Hand hinführen zu den Geheimnissen des Lebens Jesu, seines Leidens und Sterbens und seiner Vollendung in Herrlichkeit. Maria weist uns den Weg zu ihrem Sohn; und dieser Weg ist leicht, kurz, sicher und vollkommen.

Möge uns auf die Fürbitte der seligen Jungfrau Maria stets die Freude zuteilwerden, im Dienste Gottes zu stehen und seinen heiligen Willen zu erfüllen. Denn auf diese Weise empfangen wir Frieden und Glück inmitten aller Bedrängnis und einst das ewige und selige Leben in der Herrlichkeit des Himmels. Amen.