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Predigt:

22. Sonntag im Jahreskreis C (02.09.2001)

L1: Sir 3,17-18.20.28-29; L2: Hebr 12,18-19.22-24a; Ev: Lk 14,1.7-14


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Es ist leicht, mit dem Strom zu schwimmen und das zu tun, was alle tun. Wenigstens eine Zeitlang ist es der leichtere Weg als der, offen für seine Überzeugung einzutreten und eigene Entscheidungen zu treffen. Das Evangelium liegt nicht auf der Linie des geringsten Widerstands. Es ist eine Botschaft gegen den Strom, eine Lehre, die dem Zeitgeist zuweilen widerspricht!

Heute sagt man uns: Willst du etwas werden, so setze dich durch. Achte auf dich und nicht zuviel auf andere. Drängle dich vor, benutze die sogenannte Ellenbogentaktik und sei nicht zu bescheiden. Nur die Starken und Rücksichtslosen setzen sich durch, nur sie bringen es zu etwas! So lautet die Lebensphilosophie vieler.

Im Gegensatz dazu klingt das Wort Jesu: „Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden!“ wie eine weltfremde Feststellung, die dem Leben überhaupt nicht gerecht wird.

Da werden manche sagen: So kommst du nicht weiter! Erhöhe dich selbst, damit andere dich nicht erniedrigen, und so ähnlich. Der Rat Jesu, sich selbst an den letzten Platz zu stellen, lieber zu dienen als zu herrschen, auf Macht und Einfluß zu verzichten, ist alles andere als populär. Es ist eine Botschaft gegen den Strom.

Liebe Gläubige! Wie geht es uns da? Können wir so leicht sagen: Weil wir Christen sind und zur katholischen Kirche gehören, ist für uns ohnehin alles klar; wir hätten keine Probleme mit dem, was Jesus uns rät – nämlich mit Selbstbescheidung, Demut, Verzicht auf Macht, Ehre und Ansehen? Oh nein! So einfach ist es nicht. Denn auch wir sind Menschen wie die anderen, die den Glauben nicht haben. Auch wir kennen die Versuchungen des Machtstrebens und der Profilierung, der Geltungssucht und des hemmungslosen Zurücksetzens anderer.

Eine andere Frage ist freilich, ob wir diesen Versuchungen so einfach nachgeben dürfen und wollen! Denn Christ sein, heißt Jesus Christus nachfolgen. Und er ist uns den Weg vorausgegangen, auf dem auch wir zum himmlischen Vater kommen sollen – in der Nachahmung seines Lebens, seines Vorbildes. Gewiß: Jesu Leben ist prinzipiell unnachahmbar, weil es einzigartig ist: Er ist der ewige Sohn Gottes, der Mensch geworden ist. Er legte für die Wahrheit und Liebe Zeugnis ab in seinem Leben und bis in den Tod am Kreuz. Er hat in seiner Auferstehung den Sieg der Liebe offenbar gemacht. Sein Leben kann in dieser Weise sicher nicht von uns nachgeahmt werden.

Und dennoch: Gott möchte, daß wir seinem Sohn Jesus nachfolgen. Jesus sagt einmal, daß sein Joch süß sei und seine Bürde leicht (vgl. Mt 11,30). Wenn er das sagt, dann wird es wohl stimmen. Heißt das aber nicht, daß er uns auch die nötige Kraft schenkt, sein Gebot zu erfüllen? Ist nicht Gottes Gnade allezeit bei uns? Zeigt er uns nicht durch das Licht des Heiligen Geistes, daß Geben seliger ist als Nehmen (vgl. Apg 20,35), daß dienen in Wahrheit herrschen bedeutet, daß nur die Liebe letztlich zählt, in der der Mensch sich selbst vergißt und hingibt im Dienst an den Nächsten?

Seien wir doch ehrlich: Wir haben ja beides schon ausprobiert – das Dienen und das Herrschen, die Macht und das Verzichten-Können. Was war letztlich friedvoller und hat uns im Herzen mehr erfüllt? Wo haben wir die Ruhe unseres Gewissens wirklich gefunden? Haben wir nicht in der dienenden Liebe Werte entdeckt, die andere in Machtstreben und Herrschen niemals finden werden? Gewiß durften wir diese Erfahrungen schon machen!

Auf diese Weise wissen wir auch aus unserer eigenen Lebensgeschichte, daß die Worte Jesu – so unpopulär sie auch scheinen mögen und so schwierig sie manchmal zu erfüllen sind – uns den Weg zu einem erfüllten und geglückten, ja letztlich seligen Leben weisen. Nicht auf kurzfristige irdische Vorteile kommt es an, die wir mit Taktik und Skrupellosigkeit erringen, sondern auf den Frieden, den die Verbundenheit mit der Liebe Gottes schenkt.

Gehen wir weiter auf dem guten Weg, der manchmal ein mühsamer ist. Das Ziel des ewigen Lebens ist es wert, und Gottes Hilfe stärkt uns allezeit. Möge die Fürbitte der Gottesmutter Maria, der Magd des Herrn, uns lehren, wie wir uns selber zurücknehmen und bescheiden können und auf diese Weise wahre Größe vor Gott und den Menschen gewinnen. Amen