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Predigt:

30. Sonntag im Jahreskreis C (28.10.2001)

L1: Sir 35,15b-17.20-22a; L2: 2 Tim 4,6-8.16-18; Ev: Lk 18,9-14


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Zwei Typen von Menschen werden uns im heutigen Evangelium vorgestellt. Es ist ein Gleichnis, mit dem Jesus auch uns die Augen öffnen will für seine Botschaft vom Reich Gottes. Die Frage lautet: Wie finden wir Barmherzigkeit bei Gott?

Der eine Mensch, der uns im Gleichnis begegnet, ist ein Pharisäer. Wie es scheint, ist er ein frommer Mann. Er betet viel, fastet, gibt den Zehent für die Armen. Darum hat er auch keine Scheu, beim Gebet im Tempel weit nach vorne zu gehen und in voller Überzeugung von der eigenen Gerechtigkeit an Gott seine Worte zu richten. Sein Gebet ist in Wirklichkeit nur eine Aufzählung seiner eigenen Leistungen und Verdienste, die ihn – wie er meint – schon fast zu einem Heiligen machen. Dies ist verbunden mit einer Verachtung der anderen Menschen. So kann er „beten“: „Gott, ich danke dir, daß ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.“ Er fährt fort: „Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.“

Wie anders betet der zweite, der uns im Gleichnis Jesu vorgestellt wird. Es ist ein Zöllner, also ein Mensch, der aufgrund seines Berufsstandes bereits derart kompromittiert erscheint, daß niemand ihm etwas Gutes zutraut. Zöllner, das sind nach allgemeiner Auffassung die Geldgierigen und Ungerechten, die Egoisten und Ausbeuter, die um des Geldes willen sogar über Leichen gehen und sich um nichts weniger kümmern als um die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen. Und ein solcher Mensch wagt es, überhaupt in den Tempel zu gehen, um dort zu beten!

Was tut nun dieser Zöllner? Er geht nicht nach vor, sondern bleibt im hintersten Winkel stehen. Er wagt es nicht, seine Augen zu erheben, sondern blickt reumütig zu Boden. Er schlägt sich an die Brust und betet nur das eine: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Mehr wagt er nicht und mehr hat er nicht zu sagen.

Das Urteil Jesu über diese beiden Menschen ist eindeutig: Der Zöllner, ein öffentlicher Sünder, der reumütig vor Gott hingetreten ist, kehrt als Gerechter nach Hause zurück. Nicht so der vermeintlich Gerechte: Der Pharisäer bleibt in seiner hochmütigen Haltung und findet vor Gott kein Erbarmen.

Liebe Brüder und Schwestern! Wenn wir uns fragen, zu welcher Gruppe wir gehören möchten, so werden wir natürlich sagen: zu denen, die Erbarmen finden und gerechtfertigt werden. Aber genügt dazu einfach ein frommer Wunsch, ein Lippenbekenntnis? Das Gleichnis zeigt uns ja gerade, daß dem nicht so ist. Es kommt auf die Gesinnung des Herzens an, die vor Gott allein zählt. Er sieht tiefer als die äußere Leistung und Tat. Vor allem kennt Gott den guten Willen, die Bereitschaft zur Umkehr und zum Neubeginn.

Sind wir da immer in der richtigen Haltung vor Gott? Wie leicht geraten auch wir in die Gefahr, leichtfertig über „die anderen“ zu urteilen! Wie schnell fühlen wir uns als die Besseren, die das Recht haben, über andere herzuziehen und sie vom Heil auszuschließen!

Jesus zeigt uns, daß das ein großes Unrecht ist. Sicher: Die Gebote Gottes gelten, die Lehre des Glaubens zeigt uns den Weg der Wahrheit und des Lebens. Aber wir müssen uns bemühen, in unserem Leben dieser hohen Botschaft zu entsprechen. Und dort wo wir versagt haben, so lehrt uns Jesus, da gibt es Hoffnung, wenn wir nur ehrlich und demütig sind und bereit zu einem Neuanfang.

Ein Sprichwort sagt: Es gibt keinen Heiligen ohne Vergangenheit und keinen Sünder ohne Zukunft. Das heißt: Für die Umkehr und den Neubeginn ist es nie zu spät! Die Liebe Gottes kennt keine Grenzen. Sie holt auch den größten Sünder ab, wenn er nur bereit ist, sich das Erbarmen Gottes wieder schenken zu lassen.

Empfehlen wir uns der Fürbitte der Rosenkranzkönigin! Gerade dieses Gebet des heiligen Rosenkranzes läßt uns im Guten wachsen und ausharren und gibt auch den Sündern Hoffnung. Gott will nicht, daß ein Mensch verlorengeht, sondern daß alle sich bekehren und das Heil erlangen. Wir haben nicht das Recht, jemanden vom Reich Gottes auszuschließen. Darum sind wir jetzt vor dem Fest Allerheiligen wieder eingeladen, unsere Ganzhingabe an Gott zu erneuern! Beten wir wie der Zöllner: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Das Erbarmen des Herrn wird auch uns erreichen. Amen