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Predigt:

31. Sonntag im Jahreskreis C (04.11.2001)

L1: Weish 11,22-12,2; L2: 2 Thess 1,11-2,2; Ev: Lk 19,1-10


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Nicht die Körpergröße ist entscheidend, wie nahe jemand Gott kommen kann! Große Menschen haben nicht unbedingt einen Vorteil, während klein gewachsene nicht zwangsläufig schlechter aussteigen müssen, wenn sie sich an Gott, den himmlischen Vater, wenden ...

Dies durfte auf eine uns zunächst etwas erheiternde Weise Zachäus, der Finanz-Chef von Jericho, erfahren, der zwar über erhebliche Geldmittel und Einfluß verfügte, aber bei den Menschen denkbar unbeliebt war und darum vom Volk, das sich um Jesus drängte, keine Möglichkeit erhielt, ihm in vorderster Reihe zu begegnen. Da wirkte es sich zunächst zu seinem Nachteil aus, daß er sehr klein gewachsen war. So bedeutend er in seinen eigenen Augen war, so leicht konnte man ihn auch übersehen!

Die meisten werden sich wohl gedacht haben: „Zachäus möchte sich wieder einmal in Szene setzen, weil er es gar so sehr darauf abgesehen hat, zu Jesus zu kommen.“ Die Mitmenschen haben ihm nicht viel Gutes zugetraut, sondern eher die Befriedigung seines Ehrgeizes, seines Strebens nach Anerkennung und Einfluß. Darum vergönnte man es ihm auch mit einer Art Schadenfreude, daß es für den kleinen Zachäus offenbar keine Möglichkeit gab, nahe an den berühmten Wanderprediger und Wundertäter Jesus von Nazareth heranzukommen, der eben durch Jericho ging!

Und doch täuschten sich die Menschen in Zachäus: Dieser wollte nicht als der „Star des Tages“ hervortreten, sondern es war ihm einzig daran gelegen, jenen Mann zu sehen und zu hören, von dem er schon so viel Gutes gehört hatte. Besonders hatte ihn beeindruckt, daß Jesus niemanden zurückwies und jedem – auch dem größten Sünder – einen Weg der Umkehr zu Gott hin eröffnete. So faßte auch er Hoffnung und Mut!

Weil dem kleinen Zachäus also nur an der Begegnung mit Jesus gelegen war und er keine Rücksichten auf seinen Ruf treffen wollte, erstieg er einen Baum längs des Weges, an dem Jesus vorbeikommen sollte. Dort konnte er alles gut beobachten!

Der Fortgang der Ereignisse lag nicht im Plan des Zachäus, wohl aber im Plane Gottes: Jesus Christus, der die Herzen der Menschen kennt, wandte sich dem auf dem Baum versteckten Zolleinnehmer zu und rief ihm zu: „Zachäus, komm schnell herunter! Heute muß ich in deinem Haus zu Gast sein.“

Es ist verständlich, daß sich Zachäus über die Maßen freute und gleich herunterkam. Ein Wendepunkt in seinem Leben war eingetreten: Wie konnte der berühmte Jesus von Nazareth nur ihn, den großen Sünder, auswählen, um bei ihm zu Gast zu sein. Das Herz des Zachäus wurde mit einem Mal verwandelt: Er begriff, daß es im Leben höhere Werte gibt als Geld, Macht und Einfluß – daß letztlich nur das Sein vor Gott zählt, die Liebe und der Glaube. Durch die Begegnung mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes, glaubte er wieder an die Liebe Gottes. So war er entschlossen, sein bisheriges Leben von Grund auf zu ändern!

Gewiß: Die Leute hatten recht, wenn sie jetzt über Jesus sagten: „Er ist bei einem Sünder eingekehrt.“ Doch dieser Sünder Zachäus hatte das Erbarmen Gottes erfahren und war bereit zu echter Lebensänderung: Die Hälfte seines nicht unbedeutenden Vermögens wollte er den Armen geben, und ungerecht Eingefordertes würde er vierfach zurückerstatten.

Der Kommentar Jesu ist auch für uns maßgeblich: „Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ Auch einem Menschen wie Zachäus gilt die Liebe Gottes, denn er ist ein „Sohn Abrahams“.

Liebe Brüder und Schwestern! Die Begegnung Jesu mit dem reichen Zachäus zeigt uns, daß sich im Leben bestimmte Dinge und Verhältnisse nicht einfach festschreiben lassen. Wir können nicht sagen: Dieser Mensch hat vor Gott keine Chance, weil er ein Sünder ist. Denn schon morgen kann er sich bekehren und zu einem Heiligen werden. Umgekehrt stehen wir alle in täglicher Herausforderung und Bewährung. Wir wollen darum beten, daß wir im Guten durchhalten und die Kraft bekommen, den Glauben jederzeit zu bekennen und zu leben.

Die Kirche Gottes ist offen für alle, die von Herzen Gott suchen und ihm nahekommen wollen. Schließen wir niemanden aus von unserer Liebe – dann sind wir wahrhaft Kinder des himmlischen Vaters, der nicht will, daß jemand verlorengeht, sondern alle das Heil erlangen, für die sein Sohn Jesus Christus am Kreuz gestorben ist. Machen wir uns im Gebet das Anliegen gerade um die Bekehrung der größten Sünder zu eigen, wie es uns auch die Gottesmutter Maria in Fatima aufgetragen hat! Im Gebet heißt es ja: „O mein Jesus, verzeihe uns unsere Sünden. Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle. Führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.“ Dieses grenzenlose Erbarmen Gottes durfte Zachäus erfahren, und wir sollen uns über alle Menschen freuen, die sich zu Gott bekehren. Denn unbeschreiblich groß wird der Jubel im Himmel sein über jeden Geretteten! Amen