www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation
Word-Dokument

Predigt:

7. Sonntag im Jahreskreis C (18.02.2001)

L1: 1 Sam 26,2.7-9.12-13.22-23; L2: 1 Kor 15,45-49; Ev: Lk 6,27-38


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Sind es nicht unerhörte Ratschläge und Weisungen, die wir eben zu hören bekommen haben im Evangelium nach Lukas? Freilich: Wir haben uns vielleicht schon zu sehr daran gewöhnt und empfinden gar nicht mehr das Bedrängende und Herausfordernde der Worte des Herrn. Aber soll das das Ziel sein: Daß uns das Wort Gottes gar nicht mehr trifft und betrifft – weder im Sinn der Begeisterung dafür noch im Sinn der Ablehnung? Da erinnert man sich an das Wort der Apokalypse, wo es heißt: „Ich kenne deine Werke. Du bist weder kalt noch heiß. Wärest du doch kalt oder heiß!“ (Offb 3,15)

Also – wie gehen wir um mit dem eben gehörten Evangelium? „Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen. Vergebt, dann wird auch euch vergeben!“ und so weiter. Sagen wir einfach: Gut und recht, schön!, und tun dennoch weiterhin (meist) das Gegenteil, oder lassen wir uns ein auf den unerhörten inhaltlichen Anspruch, der in den Worten Jesu auch für uns liegt?

Ganz ehrlich dürfen und sollen wir zugeben, daß die Worte des Herrn uns überfordern. Die Logik jener, die Jesus die „Sünder“ nennt, geht uns viel eher ein. Sie lautet: Wir lieben nur die, von denen wir auch geliebt werden. Wir leihen nur denen etwas, von denen wir es auch sicher zurückbekommen. Wir tun nur denen etwas Gutes, die auch uns wohlgesonnen sind und uns gute Taten erweisen. Das ist menschlich – ja, gewiß! Diese Verhaltensweisen entsprechen dem natürlichen, irdischen Menschen und sind an sich gar nicht unvernünftig, sondern scheinen rational begründet. Aber: Wer sich nur innerhalb dieser Logik bewegt, hat noch nicht begriffen, was es heißt, unverdientermaßen geliebt und angenommen zu sein für das ganze Leben, ja selbst über unseren Tod hinaus von jenem Gott, der sich uns in Jesus Christus geoffenbart und geschenkt hat!

Seit Jesu Menschwerdung, seitdem er für uns gestorben und auferstanden ist und uns den Heiligen Geist als das Geschenk seiner Liebe gesandt hat, ist alles anders geworden. Unser Herz wurde neu geschaffen durch die Liebe Gottes, die darin eingegossen ist. Und diese Liebe enthält ein neues Gesetz. Es ist nicht mehr das Gesetz der Vergeltung und der Rache, wonach wir unsere Feinde hassen sollen und jedem Gleiches mit Gleichem vergelten wollen. Das neue Gesetz der Liebe befähigt uns auszubrechen aus der Logik von Gewalt und Gegengewalt, von böser Tat und Vergeltung. Es setzt an die Stelle der Rache die Vergebung, an die Stelle des Hasses die Liebe und das Erbarmen. Wir sind nicht mehr Sklaven unseres eigenen Vergeltungsdranges, sondern dürfen ausbrechen aus dieser Logik und Spirale des Todes und der Hoffnungslosigkeit.

Als Christen haben wir Hoffnung, da wir nach dem Bild des himmlischen Menschen – Christus – neu gestaltet worden sind. Nur so werden wir Gott ähnlich, der unser Vater ist und uns in Fülle seine Liebe schenkt.

Liebe Brüder und Schwestern, immer wieder gibt es Klagen darüber, daß es in unserer Gesellschaft kälter geworden sei. Alte und Kranke werden zunehmend als Last gesehen, Behinderte und ungeborene Menschen in ihrem Lebensrecht nicht voll anerkannt. Woran liegt das? Wohl letztlich am Egoismus, der oft an die Stelle der Liebe tritt. Als Christen haben wir eine andere Antwort: die der schenkenden und zuvorkommenden Liebe, die den Nächsten nicht allein läßt, auch wenn er leidet oder dem Tod nahe ist. Nur eine solche Liebe macht das Leben wahrhaft menschlich.

Wo aber liegen die Quellen der Kraft für eine solche Liebe? Wir müssen zu dem gehen, der uns das neue Gebot der Gottes- und Nächstenliebe, ja sogar der Feindesliebe geschenkt hat. Er fordert nicht nur etwas von uns, sondern schenkt uns seine Hilfe. Und dann können wir sagen: Wenn Gott uns beisteht, dann sind wir nicht mehr überfordert. Wir müssen nur zuerst unsere eigene Armseligkeit und Schwachheit eingestehen und im Bewußtsein der eigenen Ohnmacht auf Gottes Güte vertrauen.

Bergen wir uns auf die Fürsprache der heiligen Jungfrau und Gottesmutter Maria ganz bei unserem Herrn Jesus Christus. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. In seiner Nachfolge werden wir wahrhaft selig. Nur bei ihm finden wir das Heil. Daß uns diese Erfahrung zuteil wird, dafür wollen wir beten und uns gegenseitig beistehen! Amen