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Enzyklika
Superiore anno
Über den Rosenkranz (30.08.1884)

Leo XIII.

Hinweis/Quelle: Quelle: Sämtliche Rundschreiben, erlassen von Unserem Heiligsten Vater Leo XIII., durch göttliche Vorsehung Papst. Zweite Sammlung (1881–1885), Herder´sche Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1904, 325–333. Elektronische Fassung für www.stjosef.at digitalisiert von Armin Jauch. HTML-Format erstellt von Dr. Josef Spindelböck. Die Nummerangabe vor den einzelnen Teilen folgt der englischen Fassung. Im Hinblick auf die Schreibweise erfolgte bei einzelnen Wörtern eine behutsame Angleichung an die gegenwärtige Form. Irrtum vorbehalten.

Ehrwürdige Brüder !

Gruß und Apostolischen Segen

1 Im vergangenen Jahre haben Wir, wie ein jeder von Euch weiß, durch Unser Rundschreiben angeordnet, daß in allen Teilen der katholischen Welt den ganzen Monat Oktober hindurch das hochheilige Rosenkranzgebet zu Ehren der großen Gottesmutter stattfinde, um in den Bedrängnissen der Kirche Hilfe von Gott zu erflehen. Unsere eigenen Erwägungen hatten Uns hiezu bestimmt, sowie das Beispiel Unserer Vorfahren, welche in höchst schwierigen Zeiten der Kirche mit erhöhter Andacht zur erhabenen Jungfrau ihre Zuflucht zu nehmen und in ständigem Gebete ihre Hilfe anzuflehen pflegten. – Diesem Unserem Wunsche ist man allenthalben mit so großem und einmütigem Eifer nachgekommen, daß es sichtlich erschien, wie groß der Eifer für die Religion und Frömmigkeit im katholischen Volke ist, und wie groß das Vertrauen, das alle auf den himmlischen Schutz der allerseligsten Jungfrau setzen. Wir gestehen, daß diese warmen Kundgebungen des frommen Glaubens Uns bei so vielen Widerwärtigkeiten und schweren Drangsalen nicht wenig getröstet haben, ja, daß sie Uns ermutigten, auch noch Härteres, wenn es so Gottes Wille sein sollte, zu erdulden. Denn so lange der Geist des Gebetes ausgegossen wird über das Haus David und die Bewohner von Jerusalem, hegen Wir das feste Vertrauen, daß Gott endlich gnädig sein und Erbarmen haben wird mit der Lage seiner Kirche und das Gebet derer erhören werde, die zu ihm rufen durch Jene, welch er selbst zur Spenderin der himmlischen Gnaden bestimmt hat.

2 Da nun die Gründe fortbestehen welche Uns, wie bereits erwähnt wurde, im vorigem Jahre bewogen haben, die Frömmigkeit des katholischen Volkes aufzurufen, so haben wir es für Unsere Pflicht gehalten, Ehrwürdige Brüder, auch in diesem Jahre die christlichen Völker zu mahnen, fortzufahren in dieser Gebetsweise, welche der Marianische Rosenkranz genannt wird, und so sich des mächtigen Schutzes der großen Gottesmutter würdig zu erzeigen. Denn da die Feinde der Christenheit so hartnäckig bei ihrem Vorhaben verharren, so müssen ihre Verteidiger gleiche Standhaftigkeit ihnen entgegensetzen, zumal da die Hilfe Gottes und seine Gnaden häufig die Früchte unserer Ausdauer sind. – Wir erinnern hierbei an das Beispiel der großen Judith, die ein Vorbild ist der allerseligsten Jungfrau; sie wies die törichte Ungeduld der Juden zurück, als diese nach ihrem Gutdünken den Tag festsetzen wollten, an dem Gott ihrer bedrängten Stadt zu Hilfe zu kommen sollte. Auch auf das Beispiel der Apostel müssen wir hinblicken; sie erwarteten die höchste Gabe des Heiligen Geistes, des Trösters, der ihnen war verheißen worden, als sie einmütig im Gebete verharrten mit Maria, der Mutter Jesu. Denn es handelt sich auch jetzt um eine schwierige und höchst wichtige Sache; es handelt sich darum, daß stolze Heer des alten und höchst verschlagenen Feindes zu demütigen; es handelt sich um die Freiheit der Kirche und ihres Hauptes, um Schutz und Wahrung aller jener Ordnungen, auf denen die Sicherheit und das Heil der menschlichen Gesellschaft ruht. Darum müssen wir Sorge tragen, daß der so heilige Gebrauch des Rosenkranzes in dieser für die Kirche höchst traurigen Zeit mit frommem Eifer gepflegt werde, und solches um so mehr, weil diese Gebete so geordnet sind, daß wir dabei alle Mysterien unseres Heiles der Reihe nach betrachten, und sie darum ganz besonders dazu dienen, den Geist der Frömmigkeit in uns zu nähren.

3 Was aber Italien angeht, so müssen wir jetzt ganz besonders im Rosenkranzgebet den Schutz der so mächtigen Jungfrau anrufen; unvermutet steht uns nicht bloß eine Heimsuchung bevor, sie ist schon da. Die asiatische Seuche hat nach Gottes Fügung die Grenzen, welche ihr die Natur gesetzt zu haben schien, überschritten, und bereits die berühmtesten Häfen Frankreichs sowie von da die angrenzenden Gegenden Italiens ergriffen. – Zu Maria müssen wir daher unsere Zuflucht nehmen, zu ihr, welche die Kirche mit vollem Recht unser Heil, unsere Hilfe, unsern Schutz und Schirm nennt, daß sie unsere Bitten gnädig erhöre, uns wohlgeneigt die erflehte Hilfe bringe und die unreine Pestweit von uns abhalte.

4 Da nun der Monat Oktober bereits bevorsteht, in dem die katholische Welt das Rosenkranzfest feierlich begeht, so wollen Wir, daß alles, was Wir im verflossenen Jahre bestimmt haben, auch dieses Jahr gelte. Wir beschließen demnach und befehlen, daß vom ersten Tage des Oktober bis zum zweiten des darauffolgenden November in allen Pfarrkirchen und öffentlichen der allerseligsten Jungfrau geweihten Heiligtümern oder auch in anderen Kirchen nach der Bestimmung des Ordinarius wenigstens fünf Dekaden des Rosenkranzes nebst der Litanei täglich gebetet werden; findet diese Andacht am Morgen statt, so soll dabei das heilige Messopfer gefeiert werden; wenn Nachmittags, so ist das Allerheiligste auszusetzen und am Schlusse der Segen mit demselben zu geben. Wir wünschen aber, daß die Bruderschaften vom heiligen Rosenkranz, wo immer dies durch die bürgerlichen Gesetze erlaubt ist, in feierlichem Zuge durch die Stadt allen zum öffentlichen Zeugnis ihrer Religion.

5 Um aber der christlichen Frömmigkeit die himmlischen Schätze der Kirche zu erschließen, erneuern Wir alle Ablässe, die Wir im verflossenen Jahre verliehen haben. Allen nämlich, welche an den bestimmten Tagen dem öffentlichen Rosenkranzgebete beiwohnen und nach Unserer Meinung ihr Gebet verrichten, sowie jenen, welche, durch einen rechtmäßigen Grund verhindert, für sich dieses tun, verleihen Wir für jedes Mal einen Ablaß von sieben Jahren und sieben Quadragenen. Denen aber, welche in der oben genannten Zeit wenigstens zehnmal entweder öffentlich in den Kirchen oder aus gerechten Gründen in ihrem Hause dieselben Bedingungen erfüllen, verleihen Wir nach Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altars aus dem Schatze der Kirche einen vollkommenen Ablaß. Diesen vollkommenen Ablaß und Nachlaß der Sündenstrafen erteilen Wir auch allen denjenigen, welche entweder am Tage des Rosenkranzfestes selbst oder an einem der acht darauffolgenden Tage beichten und das hl. Altarsakrament empfangen und gleichfalls in einer Kirche nach Unserer Meinung zu Gott und seiner allerseligsten Mutter ihr Gebet verrichten. Da Wir auch endlich auch jenen unsere Fürsorge zuwenden wollen, die auf dem Lande leben und besonders im Monat Oktober mit landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt sind, so erlauben Wir, daß alles, was wir soeben bestimmt haben, nebst den im Monat Oktober zu gewinnenden Ablässen nach dem weisen Gutachten der Ordinarien auf die darauffolgenden Monate November oder Dezember ausgedehnt werden könne.

6 Wir zweifeln nicht, Ehrwürdige Brüder, daß diesen Unseren Sorgen reiche und vielfache Früchte entsprechen werden, besonders wenn Gott durch Verleihung seiner himmlischen Gnade dem Gedeihen gibt, was Wir pflanzen und was durch Euere Sorgfalt begossen wird. Auch sind wir überzeugt, daß das christliche Volk das Wort Unserer Apostolischen Autorität hören werde mit jenem frommen und gläubigem Eifer, wofür es im verflossenen Jahre einen so überaus herrlichen Beweis gegeben hat. Die himmlische Patronin aber, die wir im Rosenkranzgebet anrufen, möge uns gnädig sich erweisen und erlangen, daß wir durch unser Gebet Aufhebung aller Spaltungen, Herstellung des Christentums in allen Teilen der Welt und den erwünschten Frieden der Kirche von Gott erlangen. – Als Vorboten dieser Wohltaten erteilen Wir Euch, Eurem Klerus und den Euerer Obhut anvertrauten Völkern von Herzen den Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei St. Peter, den 30. August 1884,
dem sechsten Unseres Pontifikates.

LEO PP. XIII.