Empfängnisverhütung, (II.)
Karl Hörmann: LChM 1976, Sp. 348-357
1. Unter sittl. Gesichtspunkt haben alle Arten der empfängnisverhütenden Eingriffe einige gemeinsame Züge.
a) Die Vermeidung des Kindes, um derentwillen sie durchgeführt werden, kann in oder außer der Ehe und kann gerechtfertigt oder ungerechtfertigt angestrebt werden. Wenn jemand mit einem Partner sexuell verkehrt, der nicht sein Ehegatte ist, und es dabei nicht zur Zeugung kommen lassen will (um sich oder dem Partner oder dem Kind ein unangenehmes Schicksal zu ersparen), stellt sich als sittl. Grundfrage weniger die Empfängnisverhütung als der unehel. Geschlechtsverkehr. Bei Ehepaaren wiederum, die zur Vermeidung des Kindes keinen triftigen Grund haben (vgl. Geburtenregelung), liegt der Hauptfehler in ihrer unrichtigen Einstellung zum Kind.
Wie sich aus zahlreichen Beobachtungen ergibt, können auch Gatten, die aus triftigen Gründen die Empfängnis vermeiden wollen, durch Empfängnisverhütung ihre ehel. Liebe gefährden; dieser droht durch die Entfernung des Fruchtbarkeitselementes eine gewisse Verengung, die sie krisenanfälliger macht.
b) Unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsreifung ist es bedenkl., wenn der Mensch sich den sittl. motivierten Triebverzicht durch chirurgischen, chemischen oder sonstigen technischen Eingriff ersparen will.
2. Bei einzelnen Arten empfängnisverhütender Eingriffe lassen sich Störungen der ehel. Hingabe oder Gefahren für Ehe und Familie bis hin zu Gefahren für Gesundheit und Leben aufzeigen.
a) Auf gründl. Art kann die Nachkommenschaft für die Zukunft durch dauernde chirurgische Sterilisation ausgeschlossen werden. Zu prüfen ist, ob Gatten mit der direkten Sterilisation (die in der Absicht vorgenommen wird, die Unfruchtharkeit zu bewirken) im Sinn der vollen ehel. Liebe (vgl. 2. Vat. Konz., GS 51) handeln oder damit eine Gefahr für ihre innige Verbundenheit (vgl. HV 13) heraufbeschwören. Zu denken wäre an die seelische Wunde, die das Bewußtsein der Versehrtheit im Sterilisierten schafft; an die Bitterkeit, in die er gerät, wenn er unter geänderten Verhältnissen Kinder zeugen möchte und es nicht kann; an den Verlust jener Persönlichkeitsreifung, die der Mensch erreichen kann, wenn er sich darum bemüht, seine Sexualität und all seine Triebe durch entsprechend motivierte Selbsterziehung in eine richtige Gesamtlebensordnung einzufügen. Gegen die Sterilisation bloß zum Zweck der Empfängnisverhütung sprechen somit gewichtige Gründe. Wie schon frühere Päpste (Pius Xl., D 3722 f; Pius XII., UG 1065 5451 ; Hl. Offizium, 21.2.1940, D 3788) hat Paul VI. die direkte Sterilisation abgelehnt (HV 14).
b) Auch hinsichtl. des Gebrauches synthetischer Hormone („Pille“) zur zeitweiligen Sterilisierung ist zu fragen, ob sich Gatten damit im Sinn der ihnen aufgetragenen Liebe verhalten. Noch bleibt etwa medizinisch zu klären, ob die Furcht vor Schädigung des Erbgutes (und damit etwaiger späterer Kinder und ihrer Nachkommen) durch den Gebrauch sterilisierender Hormone begründet ist oder nicht. Ferner ist unter dem Gesichtspunkt echter Gattenliebe zu prüfen, ob die Abänderung des natürl. Fruchtbarkeitsrhythmus der Frau (um sie allein handelt es sich im großen und ganzen) durch Medikamente auf die Dauer (Empfängnisverhütung erfordert einen längeren Gebrauch) ohne körperl. und seelische Schäden geschehen kann. Abgesehen von einer Reihe von Fällen, in denen die Verwendung (bestimmter) synthetischer Hormone kontraindiziert ist, weil sie mit zieml. Sicherheit Gefahr für Gesundheit oder Leben herbeiführen würde, bleibt zu bedenken, daß der Mensch leib-seelisches Gefüge ist und daß die Frau in den Ovarien in einem empfindl. Punkt ihres Ganzen getroffen wird; viele Frauen reagieren darauf mit Gefühlskälte, die die ehel. Beziehungen gefährdet. Wer in diese Problematik eindringt, kann verstehen, daß das kirchl. Lehramt aus Sorge um das Schicksal des Menschen in Ehe und Familie und um den von ihm zu erfüllenden Lebensauftrag sich weigert, ein Ja zur zeitweiligen hormonalen Sterilisierung zu sagen (vgl. Pius XII., 12.9.1958, UG 5451; Hl. Offizium, 21.2.1940, D 3788; Paul VI., HV 14).
c) Beim Abbrechen des Verkehrs (copula interrupta, besser abrupta; coitus interruptus) zum Zweck der Empfängnisverhütung trennen sich die Gatten vor dem Orgasmus des Mannes, der die Spannungslösung (mit Ausscheidung des Spermas) außerhalb der geschlechtl. Einung erreicht, wälhrend die Frau häufig ungelöster Spannung überlassen bleibt, die für sie eine Qual bedeutet. Viele Frauen erleben das Abbrechen sogar als Symbol für etwas, was sie befürchten, näml. daß sie vom Mann verlassen werden. Bei solchem Vorgehen schenken sich die Gatten einander weder der Zeit noch dem Inhalt nach voll; schon durch das Bedachtsein auf das rechtzeitige Abbrechen wird die (eigentl. ersehnte) gelöste und vorbehaltlose Hingabe verhindert. Diese Methode kann daher der ehel. Liebe Abbruch tun (vgl. die Entweihung der ehel. Liebe durch unerlaubte Praktiken gegen die Fruchtbarkeit, GS 47) und Gatten einander entfremden; vom kirchl. Lehramt wird sie abgelehnt (HV 14).
d) Ähnl. Bedenken sind gegen den Gebrauch von empfängnisverhütenden Mitteln anzumelden. Durch einige von ihnen drohen der Frau gesundheitl. Schäden. Dem ehel. Verkehr wird seine volle Kraft, die Gattenliebe auszudrücken und zu pflegen, genommen; Mann und Frau können nicht unmittelbar zueinander kommen, in buchstäbl. Sinn ist etwas zw. ihnen. Empfängnisverhütende Maßnahmen unmittelbar vor dem Verkehr stören vielfach dessen Vollzug. Eben wegen dieser Verdunkelung der Liebe bringt der Mensch durch derartige Eingriffe auch die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit in Gefahr. Wenn das kirchl. Lehramt gegen verschiedene Methoden der Empfängnisverhütung Stellung genommen hat (D 2715 2791–93 2795 3638–40; Pius XI., D 3716 f; Pius XII., UG 156 1064 1075 2242; Paul VI., HV 14), ist dies dem Empfinden entsprungen, daß bei ihnen etwas nicht stimmt; durch inzwischen gewonnene Einsichten lassen sich diese Aussagen heute besser begründen und genauer abgrenzen.
3. Auch Menschen, die den aufrichtigen Willen zu ehel. Keuschheit haben und desh. nach sittl. gangbaren Wegen zur Empfängnisregelung suchen (vgl. GS 51), können in Schwierigkeiten geraten, die ihnen als ausweglos erscheinen. Ein (weiteres) Kind halten sie für unverantwortbar; zu gänzl. Enthaltung sehen sie sich nicht imstande; auch mit der Zeitwahl meinen sie nicht zurechtzukommen.
a) Pius XI. hat gesagt, daß sich jene, die durch den Eingriff in den ehel. Verkehr die Empfängnis verhüten, mit schwerer Schuld beflecken („Casti connubii“, D 3717). Er scheint damit vorwiegend an Gatten gedacht zu haben, die so tun, weil sie aus sittl. unzulässigen Gründen das Kind ablehnen; ausdrückl. erwähnt er jene, die das Kind durch empfängnisverhütenden Eingriff fernhalten wollen, weil sie das Lustelement des Geschlechtsverkehrs so verabsolutieren, daß sie das Kind als Last einfach ablehnen oder auch in den Fällen,in denen eine Empfängnis Schwierigkeiten bringen würde, jegliche Enthaltung als unzumutbar verweigern (D 3716). Bei ihnen kann man mit Recht von Ehemißbrauch sprechen. ln anderer Lage sind Gatten, denen infolge einer Not ein (weiteres) Kind als unverantwortbar erscheint und die doch zur notwendigen Pflege der Gattenliebe den ehel. Verkehr üben wollen (vgl. GS 51). Wohl hören für sie die sittl. Maßstäbe hinsichtl. der angewandten Mittel nicht zu gelten auf; bei allem Verständnis für die Not weist das 2. Vat. Konz. auch für solche Fälle unsittl. Lösungen zurück (GS 51). Paul VI. lehnt die Empfängnisverhütung mit „künstl. Mitteln“ zwar eindeutig ab (HV 14), sagt aber nicht, daß alle, die sie verwenden, schwer sündigen; dennoch begegnete er so heftigem Widerspruch, wie ihn Pius XI. nicht gefunden hatte.
Zunächst hat man ihm vorgeworfen, „Humanae vitae“ (1968) sei nicht auf eine dem Geist des 2. Vat. Konz. entprechende Art zustandegekommen, näml. in dialogischer und kollegialer Zuammenarbeit mit den übrigen Hirten der Kirche. Johannes XXIII. hatte im März 1963 zum Studium der modernen Eheproblemne einen Ausschuß eingesetzt, der von Paul VI. bestätigt und erweitert wurde (vgl. HV 5). Da dieser Ausschuß bis zum Ende des 2. Vat. Konz. mit seiner Arbeit nicht fertig war, wollte das Konzil zur Frage verantwortungsbewußter Elternschaft konkrete Lösungen nicht unmittelbar vorlegen, sondern überließ auf Anordnung des Papstes die weitere Bearbeitung der Kommission; nachdem diese ihre Aufgabe erfüllt haben würde, sollte der Papst entscheiden (GS 51 Anm. 14). Die Kommission gelangte hinsichtl. der vorzulegenden sittl Normen zu keiner Übereinstimmung. Der Papst hielt sich nun in „Humanae vitae“ nicht an die Vorschläge der Mehrheit, weil er zur Überzeugung gelangt war, daß manche von ihnen mit der Ehemoral, wie sie vom kirchl. Lehramt entschieden und beständig vorgelegt worden war, nicht übereinstimmte (HV 6). Die Kommission war nicht zum Aussprechen des endgültigen Urteils, sondern zur Erarbeitung von Grundlagen bestellt worden; dennoch fand das Vorgehen des Papstes bei vielen kein Verständnis. Zu beachten wäre allerdings, daß nicht wenige Bischöfe froh gewesen waren, die Sache nicht auf dem Konzil diskutieren zu müssen, und daß die Ablehnung der Meinung der Mehrheit nicht außerhalb der Zuständigkeit des Papstes lag. Überdies hat „Humanae vitae“ eine neue Art von Kollegialität und von Dialog veranlaßt: Zahlreiche Bischofskonferenzen haben ergänzend dazu Stellung genommen, und der Papst hat ihren Äußerungen nicht widersprochen. Man kann Papst und Bischöfe dabei in komplementärer Einheit sehen: Der Papst wollte einem prinzipiellen Irrtum entgegentreten, der oft in Urteilen über faktische Situationen begangen wird; die Spezifizierung gemäß den konkreten Situationen nahm nicht er vor, sondern überließ sie den Bischöfen als den näheren Seelsorgern der Ehepaare (G. Martelet).
Ein zweiter Einwand gegen die Enzyklika sagt, sie stehe in Widerspruch zum 2. Vat. Konz. Dieses habe sich nach einer langen Geschichte enger kirchl. Ehelehre zu einer beglückend weiten Schau durchgerungen, „Humanae vitae“ mache davon wieder Abstriche. Bei näherem Zusehen ergibt sich aber, daß die Unterschiede nicht in Gegensätzlichkeiten liegen, sondern darin, daß das Konzil Dinge offen gelassen hat, die in „Humanae vitae“ behandelt werden. Paul VI. beteuert seine Absicht, mit „Humanae vitae“ an die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ anschließen zu wollen (HV 7); er hat ja auch beide unterschrieben. Beide Lehrdokumente stehen ebenfalls in komplementärer Einheit (G. Martelet) und stimmen in Grundzügen überein: in der personalistischen Betrachtung der Ehe und in der Auffassung, daß von den Ehegütern Gattenliebe und Kind nicht eines dem anderen unterzuordnen, sondern beide zu integrieren seien (das Kind als Frucht der ehel. Liebe).
“Humanae vitae“ scheint somit die Ausführungen von „Gaudium et spes“ zu ergänzen und selbst der Ergänzung bedürftig zu sein (K.T. Kelly). Die Enz. wendet sich gegen die gegenwärtige Tendenz, nicht bloß für die Schwierigkeiten, die zur Empfängnisverhütung führen, Verständnis zu haben, sondern Empfängnisverhütung für gut zu erklären, wenn Gatten für sie entsprechende Gründe anführen können. Diesem Bestreben setzt Paul VI. ein entschiedenes Nein entgegen. Er sieht in der absichtl. Unfruchtbarmachung des ehel. Verkehrs eine sittl. Unordnung; diese liegt nicht in der Absicht, nicht zu zeugen, oder im Eingriff in einen natürl. biolog. Prozeß, sondern in der Veränderung und Schmälerung, die die ehel. Liebesbeziehung durch Ausschluß des schöpferischen Potentials aus ihr erleidet. Die Enz. verkennt nicht, daß nach den Naturgegebenheiten der ehel. Akt nicht jederzeit zur Zeugung führen kann (sonst könnte sie ja die Zeitwahl nicht empfehlen); sie will aber aufzeigen, daß der Mensch nicht richtig handelt, wenn er aus dem ehel. Akt ein vorhandenes Fruchtbarseinkönnen ausschaltet (jeder ehel. Akt soll „von sich aus auf die Erzeugung menschl. Lebens hingeordnet bleiben – quilibet matrimonii usus ad vitam humanam procreandam per se destinatus permaneat“ HV 11; der Mensch darf die Verknüpfung der beiden Sinngehalte „liebende Vereinigung“ und „Fortpflanzung“ nicht eigenmächtig auflösen, HV 12), weil er dadurch die Bezeugung und Verwirklichung der ehel. Liebe ärmer macht (Verstoß gegen die Natur des Mannes und der Frau und gegen ihre innige Verbundenheit – „eorumque intimae necessitudini“, HV 13). „Humanae vitae“ lehnt daher jede direkte Unfruchtbarmachung des menschl. Organismus und jede empfängnisverhütende Maßnahme vor, in und nach dem Verkehr ab (HV 14); jeder solche Eingriff trage in sich einen sittl. Mangel („intrinsece inhonestum“, HV 14); die Kirche verwerfe den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel als immer unerlaubt (HV 16). (Neben diesem Hauptgrund haben alle anderen Gründe, die in HV 17 gegen die Empfängnisverhütung angeführt werden, wie Erleichterung der Untreue gegen den Ehepartner, Aufweichung der sittl. Zucht, Erniedrigung der Frau zum bloßen Werkzeug der Triebbefriedigung des Mannes, Gefahr der Zwangsvorschreibung durch Staatsbehörden zur Behebung von Notständen, nur relative Gültigkeit.) Im Zusammenhang damit wendet sich die Enz. auch gegen Argumente, mit denen man die These stützen will, der entsprechend motivierte empfängnisverhütende Eingriff sei sittl. einwandfrei (= vollkommen in Ordnung). Sie bestreitet, daß der Mensch über die Quellen des menschl. Lebens dasselbe Herrschaftsrecht habe wie über die sonstige Natur (HV 2 13 16 17), und lehnt die Berufung auf ein Totalitäts- (Ganzheits-) Prinzip ab, das so verstanden wird, daß absichtl. unfruchtbar gemachte ehel. Akte ihren sittl. Mangel verlieren, wenn sie in der Gesamtheit des Ehelebens durch eine entsprechende Anzahl von fruchtbaren Akten aufgewogen werden (HV 14).
b) Diesen Mangel des empfängnisverhütenden Eingriffes stellt „Humanae vitae“ in abstrakt-allg. Redeweise und prophetisch mahnend heraus. Man kann fragen, ob damit die Ehe umfassend genug behandelt und ob ihre gegenwärtige Situation ausgewogen genug gesehen wird; man mag ein hinreichendes Eingehen auf drängende praktische Probleme, vor allem hinsichtl. der Geburtenregelung, und auf Einzelheiten pastoraler Führung vermissen und eben desh. die ergänzenden Stellungnahmen der Bischofskonferenzen für notwendig halten (G. Martelet, K.T. Kelly).
Diese befassen sich konkret-pastoral mit Konfliktsituationen (vgl. Pflichtenkollision), in denen Eheleute eine neue Empfängnis nicht verantworten können und doch meinen, um ihrer Gattenliebe willen den ehel. Verkehr nicht entbehren zu können. Zur Lösung solcher Konflikte wird des öfteren die Entscheidung nach dem Prinzip des kleineren Übels angeraten. Besser sollte man wohl von der Entscheidung zw. zwei Werten sprechen: Die Entscheidung für den Wert, der als der wichtigere erscheint, bedeutet nicht, daß man die Werthaftigkeit des anderen leugnet oder seine Verletzung nicht mehr als solche anerkennt (diese wird nicht einfach als einwandfrei erklärt). Der Entscheidende ist sich bewußt, daß er den sittl. Auftrag nicht voll verwirklicht, meint aber aus entsprechenden Gründen, jetzt oder für längere Zeit nicht mehr tun zu können (Französ. Bischofskonferenz, 8.11.1968).
Das Bedenkliche des empfängnisverhütenden Eingriffes wird dabei nicht übersehen; wegen des nicht weiter reichenden Könnens hält man ihn aber für vertretbar („defensible“, K.T. Kelly).
c) Wenn Pius XI. (D 3717) und Paul VI. (HV 28 f) die Seelsorger mahnen, von der vollen sittl. Richtigkeit des ehel. Verhaltens, wie sie das kirchl. Lehramt aufzeigt, keine Abstriche zu machen und über Schatten, die von gewissen Methoden der Empfängnisverhütung her auf das Ehe- und Familienleben fallen, nicht hinwegzutäuschen, fügt Paul VI. hinzu, daß sie ihre Tätigkeit in Duldsamkeit und Liebe ausüben sollen (HV 29). Gegenüber Eheleuten, die sich in Schwierigkeiten befinden, ist vorschnelles und verallgemeinerndes Urteil fehl am Platz. Für die sittl. Bewertung im Einzelfall kommt es auf die Grundhaltung der Gatten und auf ihr sittl. Verstehen und Können in ihrer gegenwärtigen Situation an. Paul VI. enthält sich in diesem Zusammenhang des Ausdrucks „schwere Sünde“, wohl im Bewußtsein, daß der empfängnisverhütende Eingriff zwar nicht volle sittl. Richtigkeit hat, aber nicht alle (gleichermaßen) schuldig macht. Das Mühen der Gatten soll natürl. auf die volle sittl. Richtigkeit gehen, und ihre Seelsorger sollen sie dabei verständnisvoll unterstützen. Zu einer vollkommeneren christl. Durchformung ihres Lebens können Gatten kommen, wenn sie, vor allem durch die Sakramente, nach innigerer Christusverbundenheit (Nachfolge Christi) streben. Mehrere Bischofskonferenzen haben Eheleute guten Willens, die meinen, gegenwärtig zu keiner besseren Lösung kommen zu können, nicht allg. vom Bußsakrament und der Eucharistie abgehalten, sondern sie eher zum Empfang ermuntert.