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Künstliche Insemination

Karl Hörmann: LChM 1976, Sp. 957-962

I. Von künstlicher Insemination. (inseminatio arteficialis) spricht man dann, wenn die Keimzellen ohne leibl. Einung der Partner zusammengeführt werden, wenn also das irgendwie gewonnene Sperma durch technische Mittel in die weibl. Organe eingeführt oder gar außerh. des weibl. Organismus mit der Eizelle vereinigt wird. Da die eigentl. Befruchtung wie sonst durch Vereinigung von Samen- u. Eizelle erfolgt, ist die Bezeichnung künstliche Insemination dem Ausdruck künstl. Befruchtung (fecundatio arteficialis) vorzuziehen.

Angezeigt finden manche Kreise die künstliche Insemination zw. Gatten, wenn bei bisheriger Unfruchtbarkeit der Ehe die Untersuchung ergibt, daß der Mann nicht absolut steril ist und die Organe der Frau gesund sind, aber irgendein Mangel zu keiner Empfängnis geführt hat (homologe künstliche Insemination). Bei absoluter Sterilität des Ehemannes zieht man das Sperma eines anderen Mannes heran; ebenso, wenn Zeugung durch den Gatten aus eugenischen oder anderen Gründen unerwünscht ist; ferner will man auf diese Art den Wunsch von Frauen erfüllen, die keinen Mann finden od. nicht heiraten wollen, aber ein eigenes Kind wünschen (heterologe künstliche Insemination).

II. In sittl. Hinsicht bestehen gegen die künstliche Insemination beim Menschen verschiedene Einwände.

1. Am deutlichsten zeigt sich die künstliche Insemination bei einer ledigen Frau als sittl. Fehlunternehmen. Sie ist ein Unrecht gegen das Kind, das nicht nur die Mutter, sondern auch den Vater braucht (vgl. Pius XII., UG 1037 f). Wenn eine Frau, die keinen Mann findet oder nicht heiraten will, zu ihrer Lebenserfüllung doch ein eigenes Kind haben will, denkt sie einseitig an sich selbst, da sie das Kind zum Mittel für ihr eigenes Lebensglück macht.

2. Auch gegen die heterologe künstliche Insemination in der Ehe richten sich gewichtige Bedenken. Anscheinend wird für das Kind gesorgt, da ja Mann und Frau in seiner Betreuung zusammenwirken. Allerdings ist der Ehemann der Frau nicht der Vater des Kindes und sind daraus Nachteile für das Kind und die Gatten zu befürchten.

a) Es ist ja sehr fragl., ob der Ehemann mit dem Problem auf Dauer fertig wird. Seine (vielleicht auf Drängen der Frau gegebene) Zustimmung verbürgt nicht, daß ihn nicht später Bitterkeit darüber überkommt, daß einer anderer seiner Frau geben konnte, wozu er nicht imstande war. Darunter muß das Kind leiden, und umso mehr, wenn seine Entwicklung den Wünschen des Ehepaares oder des Ehemannes nicht entspricht.

Wenn heterol. künstliche Insemination damit begründet wird, daß eine Ehe zu ihrem gedeihl. Weiterbestand Kinder brauche, wird das Kind zur Rettung der Ehe mißbraucht.

b) Allen Vorkehrungen zum Trotz schiebt sich mit der heterol. künstliche Insemination etwas zw. Mann und Fraund Befürworter setzen als Vorbedingung, daß der Samengeber absolut unbekannt bleibe: dem Kind, für das es ein schwerer Schock wäre, wenn es von seiner wahren Herkunft erführe, und dem Ehepaar, weil sonst vielleicht persönl. Beziehungen mit vielerlei Komplikationen entstünden. Die Geheimhaltung beschwört jedoch die Gefahr herauf, daß Kinder desselben Samengebers einander heiraten. Ferner verhindert sie zwar, daß die Frau den Samengeber kennt, nicht aber, daß sie sich innerl. mit dem unbekannten Mann, von dem sie das Kind hat, beschäftigt und ihn vielleicht ihrem Mann vorzieht. So erweist sich die heterol künstliche Insemination als Durchbrechung des Ethos der monogamen Ehe und als fragl. Versuch, dem Eheglück der Partner zu dienen.

c) Auch der Menschlichkeit des Samengebers wird sie nicht gerecht: Er soll bloß das biolog. Element zur Verfügung stellen, im übrigen aber vom (eigentl. menschl.) Geschehen ferngehalten werden.

d) Wenn die Zeugung durch den Ehemann nicht mögl. ist, scheint es besser zu sein, daß die Gatten gemeinsam auf leibl. Kinder verzichten und ihren Wunsch nach einem Kind durch Adoption erfüllen. Dem adoptierten Kind können beide in gleicher Haltung gegenüber stehen, da es von keinem von ihnen leibl. stammt.

3. Die homologe künstliche Insemination scheint eher vertretbar zu sein, ist aber auch nicht von Problemen frei.

a) Wenn man auf die Gesamtpersönlichkeit des Menschen achtet, erscheint es als unzulängl., wenn Mann und Frau bloß die biolog. Aufbauelemente für ein künftiges Menschenleben zur Verfügung stellen und den weiteren Prozeß unpersönl. ablaufen lassen; das Kind soll vielmehr die Frucht ihrer persönl. leib-seelischen Liebesbegegnung sein. Durch diese Begegnung vertiefen sie ihre Liebe zueinander und werden dadurch auch zum opfervollen Dienst am Kind mehr befähigt; im besonderen ist die leib-seelische Einung weit besser als die künstliche Insemination geeignet, den Mann existentiell erkennen zu lassen, daß das Kind von ihm stammt, und so wahres Vaterempfinden zu wecken.

Durch die künstliche Insemination wird die Zeugung entpersönlicht, vermaterialisiert und mechanisiert. Wenn es als glückl. Entwicklung angesehen wird, daß in der christl. Ehelehre die Überbetonung der Fortpflanzung zugunsten der personalen Gattenliebe zurückgetreten ist, darf nicht übersehen werden, daß mit der künstliche Insemination wieder die Gegenrichtung eingeschlagen wird. Es ist fragl., ob dieser Mangel im Vorgehen durch die Liebesgesinnung der Gatten entsprechend ausgeglichen werden kann.

Das kirchl. Lehramt hat gegen die künstliche Insemination schon in deren Anfängen Stellung genommen (Hl. Offizium, 17.3.1897, D 3323). Pius XII. lehnte sie in allen Formen ab (UG 1036–43 1086 f 4723 4727 5448); als zulässig sah er Hilfen zur Erleichterung des ehel. Verkehres oder zur Ermöglichung der Empfängnis an (UG 1042 4726). Johannes XXIII. unterstrich die Weitergabe des menschl. Lebens als personalen Akt und folgerte: „Darum sind hier Mittel und Wege schlechterdings unerlaubt, die bei der pflanzl. und tierischen Fortpflanzung bedenkenfrei sind“ (MM, AAS 1961,447).

b) Befürworter der homol. k.n I. meinen, sie doch verantworten zu können, wenn dadurch das Eheglück gefördert werde und die Interessen des Kindes gesichert seien. Als Voraussetzungen sehen sie an, daß die Ursache der bisherigen Unfruchtbarkeit der Ehe nicht behoben werden kann und daß beide Partner mit den aus der k.n I. sich ergebenden Schwierigkeiten fertig werden können.

4. Alle Formen der Künstliche Inseminationn I. werfen die Frage auf, ob außerhalb der ehel. Einung das Sperma in sittl. einwandfreier Weise gewonnen werden kann. Die einfachste und daher am häufigsten angewandte Art ist die Masturbation des Samengebers. Wenn auch die Masturbation zum Zweck der homol. k.n I. nicht jener zur Selbstbefriedigung gleichgesetzt werden darf, ist dennoch darauf zu achten, daß sie die Weichenstellung auf eine unerfreul. Entwicklung hin enthält. Auf diese Fehlerquelle hat Pius XII. in deutl. Stellungnahme hingewiesen (UG 1041 4728–30).

5. Nicht geringe sittl. Einwände sind gegen die immer wieder erwogene und versuchte Zeugung und Weiterentwicklung menschl. Lebens außerh. des Mutterleibes (in vitro, im Reagenzglas) zu erheben.

Deutlicher noch als bei anderen Arten k.r I. zeigt sich als Hauptmangel dieser Art, daß das Kind nicht Frucht der leib-seelischen Liebesbegegnung der Gatten, sondern Ergebnis eines unpersönl. Prozesses im biolog. Laboratorium ist (der einseitigem naturwissenschaftl. Denken entspricht), selbst wenn der so entstandene Embryo zur weiteren Entwicklung wieder einem weibl. Organismus eingepflanzt wird.

Falls die gänzl. Ausreifung des Embryos außerh. des Mutterleibes je gelingen sollte, wäre zu fragen, was sie für die leib-seelische Entwicklung des Kindes bedeutet. Die neuere Psychologie weiß um die nicht nur körperl., sondern auch seelische Verbindung des Kindes im Mutterleib mit der Mutter; für ungünstige spätere Entwicklungen sucht man die Erklärung auch in Mängeln dieser Verbindung. Wie müßte es sich auswirken, wenn diese Verbindung ganz fehlte?

Bis man so weit kommt, muß man viele Experimente machen, bei denen jeweils der Embryo in einem früheren oder späteren Stadium zugrunde geht (oder vernichtet wird). Die Ehrfurcht vor dem menschl. Leben dürfte ein solches Vorgehen kaum zulassen.


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