Preis
Karl Hörmann: LChM 1969, Sp. 952-955
1. Preis (lat. pretium) nennen wir den Tauschwert der Güter, der in Geld ausgedrückt wird.
Auf natürl. Art bestimmt sich der Preis einer Ware durch Angebot und Nachfrage (gebräuchl. Preis, p. vulgare). Da Angebot und Nachfrage nicht für immer und überall feststehen, ergibt sich ein Schwanken des natürl. Preises nach Ort und Zeit.
Unter besonderen Verhältnissen, z.B. in der Kriegswirtschaft, kann der Preis einer Sache von der Behörde festgelegt werden (gesetzl. Preis, p. legale).
Für Sachen, die außer Verkehr stehen (sehr seltene Dinge, Edelsteine von außerordentl. Größe, alte Handschriften; Gegenstände, die durch Abnützung sehr an Wert verloren haben), existiert kein gebräuchl. und kein gesetzl. Preis Bei ihrem Kauf und Verkauf müssen Käufer und Verkäufer zu einer freien Vereinbarung kommen (vereinbarter Preis, p. conventionale).
2. Von der Preisgestaltung hängt die gerechte Verteilung des Sozialprodukts beträchtl. ab. Unternehmer und Arbeiter eines Unternehmens können nur dann ihr gerechtes Kapital- und Arbeitseinkommen erreichen, wenn das Unternehmen auf dem Markt die entsprechenden Preise erzielt, d.h. wenn die Kosten der Erzeugung (Rohmaterial, Arbeitsmittel, Zinsen, Arbeitslohn) durch die Preise gedeckt werden. Die Preise dürfen anderseits nicht zu hoch werden, damit nicht die übrigen Sozialpartner in ihrem Anteil am Sozialprodukt geschädigt werden. Ihr Nominaleinkommen bedeutet ja nur dann einen wirkl. entsprechenden Anteil am Volkseinkommen (Reallohn), wenn sie dafür eine angemessene Gütermenge erwerben können. Die nominelle Einkommensverteilung erfüllt nur dann die Gerechtigkeitsforderung, wenn die Preise entsprechend gestaltet werden.
Als gerecht ist der Preis einer Ware anzusehen, wenn er der hinter ihr stehenden Leistung entspricht. Diese Leistung läßt sich annähernd mit den Kosten bewerten. Sozialwirtschaftl. richtig und gerecht ist der natürl. Preis, d.h. der Preis, der die zu rechtfertigenden Kosten deckt. Das Unternehmen ist genötigt, die Kosten über eine zu rechtfertigende Höhe nicht hinaufsteigen zu lassen, wenn es in der Preisgestaltung im Wettbewerb mit andern Unternehmen stehen muß. Es muß dann bestrebt sein, die Kosten der Erzeugung durch technische Neuerungen und durch Senkung der Arbeitskosten ständig herabzudrücken, um die Ware billiger anbieten zu können; dadurch hilft es aber mit, das Realeinkommen des Volkes zu erhöhen (vgl. Pius XII., UG 6134 [DRM XVI 184]).
Durch den Wettbewerb könnte allerdings für die Preisgerechtigkeit eine Gefahr heraufbeschworen werden: Die Preise könnten, bes. durch unlauteren Wettbewerb, so sehr gedrückt werden, daß sie die Kosten nicht mehr decken, obwohl für deren Niedrighaltung alle Anstrengungen gemacht wurden. Unternehmer und Arbeiter werden dadurch um ihr gerechtes Nominaleinkommen gebracht. Zur Sicherung gegen diese Gefahr können sie sich organisatorisch zusammenschließen, die Arbeiter zu Gewerkschaften, die auf einen Nominallohn in der Höhe des sozial anerkannten Lebensstandards hinwirken, die Unternehmer zu Genossenschaften, die ihnen günstige Erzeugungsbedingungen und entsprechende Preise für ihre Produkte sichern (landwirtschaftl. und handwerkl. Genossenschaften, Unternehmerverbände, Industriekartelle). Die Bestrebungen dieser Vereinigungen sind gerecht, solange sie nur auf eine Sicherung der gerechten Einkommenshöhe ihrer Mitglieder, nicht auf Sozialwucher aus sind (vgl. Pius XII., UG 607 5643 6194 6202–04 [DRM XI 188 f; AAS 1957,833 f; DRM XVIII 555 f 189]; Johannes XXIII., MM 85–90, AAS 1961,422 f). Mißstände der letzteren Art können sogar Eingriffe des Staates, etwa in Form einer Kartell- oder Anti-Trust-Gesetzgebung, notwendig machen. Die Verbraucher selbst können sich gegen eine Überhöhung der Preise durch Verbraucher-(Konsum-)genossenschaften, die den Zwischenhandel mit seinen Gewinnspannen ausschalten, schützen und dadurch ihr Realeinkommen verstärken.
Da am Zustandekommen des gerechten Preises verschiedene veränderl. Faktoren beteiligt sind, läßt er sich nicht zahlenmäßig genau ausdrücken, sondern nur ungefähr bestimmen. Der gerechte Preis hat daher einen gewissen Spielraum zwischen einer oberen und einer unteren Grenze, die sich aus dem geregelten Tauschverkehr ergibt.
Praktisch darf man sich an den gebräuchl. oder an einen etwaigen gesetzl. Preis halten, wenn er nicht offenkundig zum wahren Wert der Sache in einem schreienden Mißverhältnis steht. Wer vom gerechten Preis abweicht, macht sich einer Verletzung der (Verkehrs-) Gerechtigkeit schuldig, die nach Wiedergutmachung verlangt.
Wer eine abnormale Marktlage zu seinem eigenen Vorteil ausnützt, also bei Überangebot billig kauft und bei Knappheit teuer verkauft, handelt nicht ungerecht, wenn er nicht andere dadurch um den lebenswichtigen Elementarbedarf bringt. Durch unredl. Mittel, z.B. durch Zurückhaltung vorhandener Waren oder heiml. Qualitätsminderung, durch Senkung der Erzeugungskosten mit unlauteren Mitteln, eine abnormale Marktlage zu schaffen und daraus Gewinn zu ziehen, ist ungerecht.