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Fr 19. Feb 2016 19:43

Hat Papst Franziskus in Ausnahmefällen künstliche Verhütung erlaubt?

(news.stjosef.at) Wieder einmal sorgen kurze Statements von Papst Franziskus, die er in einem Interview auf der Rückreise vom Besuch in Mexiko am 18.02.2016 gegenüber den mitreisenden Journalisten gegeben hat, für mediales Aufsehen und führen zu unterschiedlichen Interpretationen.
Hat Papst Franziskus – wie es auch die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) und davon abhängige Medien berichten – tatsächlich im Ausnahmefall Verhütungsmittel erlaubt, um den Gefahren für neugeborene Kinder durch das ZIKA-Virus zu entgehen?
Zuerst hat sich der Papst in diesem Interview jedenfalls eindeutig von der Abtreibung abgegrenzt, denn die Frage lautete, ob die Kirche in einem solchen Fall einer möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigung des Kindes einer schwangeren Frau durch das ZIKA-Virus entsprechend den Vorschlägen mancher Personen und Institutionen auch auf Abtreibung und Kontrazeption als „kleineres Übel“ zurückgegriffen werden könne. Ganz klar war hier die Antwort des Papstes: „Die Abtreibung ist kein geringeres Übel, sondern ein Verbrechen. Es bedeutet, den einen zu eliminieren, um einen anderen zu retten. Töten ist das, was die Mafia tut.“
Dann ging der Papst auf die anderen Aspekte ein: „Was das geringere Übel betrifft, und zwar jenes, eine Schwangerschaft zu vermeiden, so handelt es sich um einen Konflikt zwischen dem fünften und dem sechsten Gebot. Der große Papst Paul VI. hat Nonnen in Afrika erlaubt, im Hinblick auf Fälle von Vergewaltigung Antikontrazeptiva zu benutzen. Man darf jedoch das Übel der Vermeidung einer Schwangerschaft – für sich betrachtet – nicht mit Abtreibung verwechseln. Die Abtreibung ist kein theologisches Problem, sondern ein menschliches Problem; sie ist ein medizinisches Problem. Eine Person wird getötet, um eine andere zu retten – in den ‚günstigeren′ dieser Fälle – oder damit es einer anderen bessergeht. Sie richtet sich gegen den Eid des Hippokrates, den die Ärzte ablegen müssen. Sie ist ein Übel in sich selbst, aber kein religiöses Übel, sondern sie ist ein menschliches Übel am Beginn. Und offenkundig wird sie, weil sie ein menschliches Übel ist – so wie jede Tötung – verurteilt.“
Und dann weiter: „Eine Schwangerschaft zu vermeiden ist hingegen nichts absolut Böses, und in bestimmten Fällen, wie in jenem von mir erwähnten Fall des seligen Paul VI., ist das klar. Ich möchte die Ärzte auffordern, alles zu tun, um Impfstoffe gegen diese Mücken zu entwickeln, die jenes Übel bewirken. Darauf soll man hinarbeiten.“
Soweit also der hier direkt aus dem Italienischen übersetzte Text von Papst Franziskus. Für unvoreingenommene Leser lautet das Resultat dieser Aussagen: Vermeidung von Schwangerschaft bei schwerer gesundheitlicher Gefährdung des Nachwuchses ja, doch Verhütung nein – so lautet der Standpunkt der Kirche, den auch Papst Franziskus mit seinem Interview, das wieder einmal tendenziös wiedergegeben wurde, nicht in Frage stellen wollte und konnte!
Papst Paul VI. hatte in der Enzyklika „Humanae vitae“ im Hinblick auf den einvernehmlich und in sittlich geordneter Weise vollzogenen ehelichen Verkehr festgestellt: „Ebenso ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel.“ (Nr. 14).
Das heißt, auch wenn es aus wichtigen Gründen sittlich geboten erscheinen mag, die Zahl der Nachkommen zu begrenzen, so darf hier kein Weg gewählt werden, der mit dem Sittengesetz unvereinbar ist. Der Rückgriff auf Methoden der künstlichen Verhütung verbietet sich von daher ausdrücklich, während die gemeinsame Rücksichtnahme der Ehegatten auf die unfruchtbaren Zeiten der Frau als Form der natürlichen Empfängnisregelung in Einklang steht mit dem Willen Gottes.
Dieser Kommentar beabsichtigt, die Worte des Papstes im katholischen Sinn auszulegen. Selbst wenn der Papst hier irrtümlich etwas Falsches gesagt (oder gemeint!) hätte, ist für ausreichend gebildete Katholiken klar, dass derartige Pressekonferenzen keine lehramtlichen Akte sind und natürlich nicht die konstante Lehre der Kirche im Hinblick auf das Problem der Verhütung aufheben können.
Es schiene – bei Akzeptanz der künstlichen Verhütung –, als ob der Akt der Verhütung zwischen Ehegatten (der in diesem Kontext ein „intrinsice malum“ darstellt) als (schlechtes) Mittel zu einem (guten) Zweck eingesetzt würde. Und das verbietet sich jedenfalls!
Demgegenüber lässt die natürliche Empfängnisregelung Raum für eine verantwortliche Gewissensentscheidung der Ehepartner im Hinblick auf die Vermeidung möglicher Gefahren und Risiken für Kinder.
(Josef Spindelböck, Professor für Moraltheologie, St. Pölten)
Interviewzusammenfassung auf der Vatikan-Website: http://w2.vatican.va/content/francesco/it/speeches/2016/february/documents/papa-francesco_20160217_messico-conferenza-stampa.html

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