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Sozialethiker Leopold Neuhold: Wir brauchen Friedensstrategien!
(kathpress.at) Der Grazer Sozialethiker Leopold Neuhold vermisst in der Debatte rund um das Papst-Interview zum Ukraine-Krieg ("Weiße Fahne") Stimmen, die sich um eine Überwindung der Kriegslogik bemühen. Er wolle sich nicht zum Verteidiger des Papstes aufspielen, so Neuhold in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe des steirischen "Sonntagsblattes", aber es brauche seiner Meinung nach tatsächlich Mut zu Verhandlungen.
Er sei kein Anhänger eines absoluten Pazifismus, er sei für militärische Verteidigung als letzte Möglichkeit und halte diese im Fall Ukraine für gerechtfertigt und auch notwendig, erklärte der Theologe. Aber: "Mir gehen die Stimmen einer Friedensbewegung ab, auch um meine Position zu schärfen und zu korrigieren." Es brauche Stimmen, "die die Kriegslogik mit einem Ausgriff auf eine Friedenslogik (...) zu überwinden versucht, um aus dem Teufelskreis der Gewalt ausbrechen zu helfen".
Er sehe es als notwendig an, bessere Waffen an die Ukraine zu liefern, um das Land "im Kampf um seine und auch um unsere Freiheit zu unterstützen", so Neuhold. Aber mit Waffen sei der Friede nicht zu gewinnen. Deshalb brauche es Mut zu Verhandlungen. "Natürlich muss alles getan werden, dass Verhandlungen nicht Kapitulation bedeuten." Insofern sei auch das Bild mit der weißen Fahne, die als Leitthema im Papst-Interview diente, irreführend. Aber der Mut, Verhandlungen zu beginnen, sei gefordert. Aufgabe der Weltgemeinschaft ist es dabei laut dem Sozialethiker, "Verhandlungen unter Einbindung Dritter, besonders der internationalen Organisationen, so zu gestalten, dass sie zu einem gerechteren Frieden führen können und nicht zu einem Startschuss für neue Kriege werden." Dazu bedürfe es einer umfassenden Strategie für den Frieden.
Das ukrainische Volk habe gezeigt, "dass es leiden kann für die Erlangung und Erhaltung der Freiheit, auch für unsere". Es sei aber mehr als zynisch, zu erwarten, "dass andere für uns leiden, ohne dass wir alles tun, um deren Leiden zu verringern", so Neuhold. Verhandlungen allein seien nicht zielführend, aber es sollte ein Ziel sein, "die Rahmenbedingungen in einer umfassenden Strategie so zu gestalten, dass diese als eine Vorleistung, die den Gegner in Zugzwang bringt, wirken könnten."
Wie dies konkret aussehen könnte, beschrieb Neuhold nicht. Er betonte allerdings, dass die Ermutigung des Papstes zu Verhandlungen offenbar dem Bemühen entsprungen sei, "einen Schritt zum Frieden zu setzen und einen Schritt vom Abgrund des Gräuels einer Ausweitung des Krieges weg: ein notwendiger Schritt!"