Armenpflege
Karl Hörmann: LChM 1969, Sp. 49 f
Vor der Vollendung wird auf Erden wohl nie ein Zustand erreicht werden, in dem es keine Armen gäbe („Die Armen habt ihr allezeit unter euch“, Joh 12,8) und die Vermögenden nicht die Pflicht hätten, durch leibl. Werke der Barmherzigkeit (Almosen) ihre Not zu lindern. Zu dieser Übung der Nächstenliebe ist der Einzelmensch nach seinem Können verpflichtet; die Kirche muß zur Erfüllung der Pflicht mahnen und durch entsprechende Maßnahmen dazu anleiten, wie sie bereits im Urchristentum getan hat (Apg 2,45; 5,34 f; 6,3).
Der Staat tut gut daran, sich an das Subsidiaritätsprinzip zu halten und die Armenpflege durch private, freie Vereinigungen und die Kirche nicht zu behindern, sondern ihr freundl. gegenüberzustehen, zumal die Vertreter der staatl. Einrichtungen schwer jenen Herzenskontakt herstellen können, nach dem der Arme über die materielle Hilfe hinaus verlangt, und zumal dem Staat noch Aufgaben genug bleiben, die in seinem ureigenen Bereich liegen und die er umso besser bewältigen kann, ja mehr er sich auf sie konzentriert: vor allem die Herstellung von sozialen Zuständen, die die Armenpflege weniger notwendig machen (besser soziale Gerechtigkeit als Almosen), im einzelnen z.B. durch Vorsorge für entsprechende Schulbildung, subsidiäre Fürsorgeerziehung, Krankheits-, Invaliditäts- und Altersversicherung, Überwachung von Schank- und Vergnügungslokalen, soziale Steuergesetzgebung, Zwangsmaßnahmen gegen Arbeitsscheue.