Predigt:
Wachstum und Ernte im Reich Gottes
16. Sonntag im Jahreskreis A (23.07.2023)
L1: Weish 12,13.16-19; L2: Röm 8,26-27; Ev: Mt 13,24-43
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Wiederum belehrt der Herr seine Zuhörer durch Gleichnisse. Sie illustrieren auf je verschiedene Weise das Wachstum des Reiches Gottes und beziehen die Zuhörer mit ein: Es geht Jesus um eine Glaubensentscheidung, die der Mensch treffen soll, wenn er sich vom Wort Gottes ansprechen lässt.
Das Gleichnis vom Unkraut im Weizen verweist auf eine allgemein menschliche Erfahrung: Wir treffen in dieser Welt nicht nur Gutes an, sondern auch weniger Gutes und Böses. Einerseits sind wir angehalten, kraftvoll das Gute zu tun und das Böse zu meiden. Wie aber sollen wir reagieren, wenn wir in unserem Verantwortungsbereich etwas vorfinden, was nicht so gut ist? Sollen wir dieses vermeintliche Unkraut ausreißen? Jesus mahnt zur Vorsicht. Gewiss: Es kommt die Zeit des Endgerichts, wenn Gott selbst durch seine Engel die Scheidung vornehmen wird und das Unkraut vom Weizen trennt. Aber vorher einzugreifen könnte bedeuten, mit dem Unkraut auch den guten Weizen auszureißen. Auch wissen wir oft nicht, wie sich alles entwickelt. Das, was uns als Unkraut erscheint, kann ja dann doch durch die Macht der Gnade Gottes und den guten Willen der Menschen gleichsam verwandelt werden in guten Weizen, der seine Frucht bringt zur rechten Zeit.
Freilich: Bei bestimmten Dingen, die ein schweres Ärgernis und eine Gefahr für andere darstellen, muss sofort eingeschritten werden – denken wir nur an den Schutz von Kindern und Minderjährigen vor Gewalt und Pornografie. Hier haben die Eltern und Erzieher eine Verantwortung, die sie nicht abgeben können.
Dann spricht Jesus davon, wie sich aus einem kleinen Senfkorn ein großer Baum entwickelt. Das Wachstum bewirkt nicht der Mensch, sondern die Natur. Und im Reich Gottes lässt Gott vieles heranwachsen, ohne dass wir es zuerst bemerken. Viel Gutes geschieht im Verborgenen, doch Gott weiß darum, und er lässt es zur rechten Zeit sichtbar und wirksam werden. Ist es nicht so, wenn Sie vielleicht Eltern oder Großeltern sind, dass man im Rückblick vieles erst richtig sieht, das man vorher gar nicht wissen konnte? So können Sie hoffentlich dankbar auf Kinder und Enkelkinder blicken und sehen, dass vieles Gute, das Sie mit Gottes Hilfe ins Herz säen konnten, aufgegangen ist und reiche Frucht gebracht hat. Und auch dort, wo dies nicht der Fall ist und uns vielleicht nahestehende Menschen große Sorgen bereiten, wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben, sondern den Herrn um seine Gnade und Hilfe anflehen!
Das letzte Gleichnis, das Jesus hier erzählt, handelt vom Sauerteig, der das Ganze durchsäuert. Es kommt also nicht auf die Menge an, sondern auf die Qualität. In ähnlicher Weise gilt es auch in der heutigen Zeit nicht auf Zahl jener zu blicken, die den Glauben bekennen und leben, sondern darauf zu achten, dass unser eigenes christliches Leben wie ein Sauerteig ist, der das Umfeld prägt und mitgestaltet. Wir haben keinen Anlass, die Hoffnung aufzugeben. Denn der Herr ist unsere Stärke! Auf ihn dürfen wir vertrauen nach dem Beispiel der Jungfrau Maria und des heiligen Josef und all der vielen Heiligen. Wir sind unterwegs zum Hochzeitsmahl des himmlischen Lebens. Möge dann die gute Frucht von allem, was wir mit Gottes Hilfe vollbringen durften, einst in Fülle sichtbar werden und uns alle erfreuen! Amen.