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Predigt:

Josef von Nazareth - gerecht und barmherzig zugleich

Hochfest des heiligen Josef A (20.03.2023)

L1: 2 Sam 7, 4-5a.12-14a.16; L 2: Röm 4, 13.16-18.22; Ev: Mt 1, 16.18-21.24a oder Lk 2, 41-51a


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Heute am Hochfest des hl. Josef richten wir unseren Blick auf das Beispiel und Vorbild des seligen Bräutigams der Jungfrau und Gottesmutter Maria, der zugleich der väterliche Beschützer des Jesuskindes ist und den wir als Schutzpatron der Kirche verehren dürfen!

In der Heiligen Schrift wird uns eine bemerkenswerte Charakteristik des heiligen Josef gegeben. Im Evangelium nach Matthäus heißt es im Zusammenhang der ohne Zutun eines Mannes erfolgten Schwangerschaft Marias:

„Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte.“ (Mt 1,18–24)

Nicht durch Worte beeindruckt uns der heilige Josef, sondern durch sein gläubiges Hinhören auf Gottes Wort und Weisung und durch seinen Glaubensgehorsam. Josef von Nazareth wird im Evangelium als gerechter Mann beschrieben. Der Begriff „gerecht“ weist auf ein umfassend geordnetes, nach dem Willen Gottes gestaltetes Leben und auf eine entsprechende Gesinnung hin. Vor Gott ist jener Mensch gerecht, der sich nicht selber als gerecht erachtet, sondern den Gott in seiner Gnade gerecht macht. Biblisch ist die Gerechtigkeit eine Grundbefindlichkeit und Grundtugend des glaubenden und auf Gott vertrauenden Menschen. Im allgemeinen menschlichen Verhalten gilt: Ein gerechter Mensch ist bereit, jedem Menschen das zu geben, was ihm gebührt und worauf dieser ein Recht hat, aber die biblische Gerechtigkeit geht weit über das Maß des Pflichtgemäßen hinaus. Eine solcherart verstandene Gerechtigkeit mündet ein in die Liebe zu Gott und zu den Menschen; ja sie findet in dieser Liebe ihre Erfüllung und Vollendung. Die biblische Gerechtigkeit hat wesentlich zu tun mit Barmherzigkeit! All diese Überlegungen sind wichtig und hilfreich, um zu sehen, dass sich das biblische Verständnis von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit nicht ausschließt, sondern gegenseitig bedingt und erhellt.

Wer barmherzig ist, geht über das hinaus, was er pflichtgemäß einem anderen schuldet: ein solcher Mensch lässt sich im Herzen ergreifen und bewegen von der Not anderer Menschen. Er begegnet dem Notleidenden nicht von oben herab, sondern gleichsam auf Augenhöhe und sucht nach einer menschenwürdigen Lösung dieser Probleme. Eine solche Haltung hat den heiligen Josef, den gerechten Mann, ausgezeichnet. Er war zugleich barmherzig. Wäre Josef von Nazareth nicht zugleich auch barmherzig gewesen, dann hätte die Heilige Schrift ihn auch nicht als „gerecht“ bezeichnen können.

Vielleicht war Josef von Nazareth schon Maria, seiner jungfräulichen Verlobten, darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sie durch das geheimnisvolle Wirken Gottes ein Kind erwartete, das weder von ihm noch von einem anderen Mann stammte. In der vorher zitierten Stelle aus dem Matthäusevangelium heißt es, dass sich Josef mit dem Gedanken trug, Maria in aller Stille zu verlassen. Es scheint, dass er sich selber als nicht würdig ansah, sie angesichts des Geheimnisses ihrer Schwangerschaft zu seiner Frau zu nehmen. Was Josef im Herzen bewog, war also nicht irgendein schlimmer Verdacht, den er gegen Maria gehegt haben könnte (er war überzeugt von ihrer Heiligkeit und jungfräulichen Reinheit!), sondern vielmehr eine Haltung der Demut und der Liebe.

Josef suchte nach einem Weg, wie er Maria und ihrem ungeborenen Kind auf bestmögliche Weise gerecht werden und damit auch helfen konnte; er wollte sie nicht einfach im Stich lassen. Gott selber aber belehrte ihn im Traum, dass er Maria als Frau zu sich nehmen sollte. Damit hatte er seine Berufung im Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes gefunden. Josef, der gerechte Mann, erfüllte all das, was ihm aufgetragen war, zugleich in einer Haltung der Liebe und Barmherzigkeit. Das Erbarmen Gottes ist „ein besonders schöpferischer Erweis der Liebe, die ‚sich vom Bösen nicht besiegen lässt, sondern das Böse durch das Gute besiegt‘ (Röm 12,21“, wie es der heilige Papst Johannes Paul II. festgestellt hat (Dives in misericordia, Nr. 6).

Vielleicht kann uns das Beispiel des heiligen Josef auch inspirieren, unseren Mitmenschen im Geist der Liebe zu begegnen, was sowohl die Gerechtigkeit als auch die Barmherzigkeit miteinschließt! Amen.