Predigt:
So oder so - alles ist möglich
25. Sonntag im Jahreskreis B (22.09.2024)
L1: Weish 2,1a.12.17-20; L2: Jak 3,16-4,3; Ev: Mk 9,30-37
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
In unserer menschlichen Natur finden wir oft gegensätzliche Tendenzen und Neigungen. Auf der einen Seite kann der Mensch tatsächlich „edel, hilfreich und gut“ sein, wie es Johann Wolfgang von Goethe in einem berühmten Gedicht formuliert hat, und dies unterscheidet ihn von allen übrigen Lebewesen. Auf der anderen Seite gibt es das, was wir die niedrigen Instinkte im Menschen nennen, und auch hier sind wir geneigt, diesen manchmal nachzugeben, wie eben Eifersucht, Neid, Überheblichkeit, Zügellosigkeit, Eigensinn und Selbstsucht.
Das Wort Gottes in den Lesungen und im Evangelium dieses 25. Sonntags im Jahreskreis spricht all dies an und setzt es in Beziehung zu unserer Freiheit, mit der wir uns für das Gute, aber auch für das Böse entscheiden können. Kein anderes Buch der Weltliteratur ist so realistisch wie die Heilige Schrift. Zugleich aber wird hier alles Menschliche eingeordnet, sodass wir verlässliche Orientierung finden können. Ganz wesentlich ist es, dass Gott selbst allen Menschen guten Willens seine Hilfe zusagt. Denn ohne die Gnade Gottes können wir nicht selig werden, und am Segen Gottes ist alles gelegen. Wie schnell unsere menschlichen Bemühungen durchkreuzt werden können und wie rasch all das zerstört ist, was der Mensch aufbaut, sehen wir an den Naturkatastrophen, wie jetzt beim Hochwasser, und leider auch an den Kriegen.
Die Lesung aus dem Jakobusbrief ist hier sehr klar, wenn nach der Ursache von Kriegen und Streitigkeiten gefragt wird. Diese kommen daher, dass wir unseren bösen Neigungen folgen und uns von den entsprechenden Leidenschaften hinreißen lassen. Demgegenüber eröffnet uns Gottes Gnade den Weg der Versöhnung und des Friedens, sodass die „Frucht der Gerechtigkeit“ für jene ausgesät wird, „die Frieden schaffen“ (Jak 3,18). Dies entspricht dann der Weisheit von oben, die von Gott kommt.
Selbst die Apostel und die anderen Jünger Jesu waren in ihrem Herzen nicht frei von ungeordneten Neigungen. Motiviert durch das Streben nach weltlicher Ehre und Macht streiten sie untereinander darüber, wer von ihnen der Größte sei. Jesus hat Geduld mit ihnen, und dennoch ermahnt er sie. Sein Wort ist klar: „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.“ (Mk 9,35). Dies gilt klarerweise auch für jene, die in der Kirche ein Amt innehaben oder Verantwortung tragen in Politik und Gesellschaft. Dort, wo wir das Eigene zurückstellen und auf das Gemeinsame schauen, kehrt Friede ein. Wenn jeder aber von vorneherein meint, zu kurz zu kommen und die anderen deshalb zurücksetzt und ausgrenzt, ist der Keim für Streitigkeiten und Konflikte gelegt, die sogar zu Kriegen führen können.
Jesus selbst spricht von seinem nahen Tod am Kreuz und von seiner Auferstehung. Die Jünger verstehen ihn noch nicht. Sie werden es später begreifen und dann selber Zeugnis geben für jene Liebe, welche alles Böse und sogar den Tod überwindet. Gott überfordert uns nicht, sondern er zeigt uns den rechten Weg, den wir mit seiner Gnade auch gehen sollen.
Wenn wir im Alltag in den kleinen Dingen ab und zu etwas nachgeben und dem Nächsten aus innerer Überzeugung Gutes tun, dann werden Friede, Gerechtigkeit und Liebe unseren Alltag prägen. Wo wir versagt haben, ist stets ein Neuanfang möglich. Gott führe uns also auf dem guten Weg, unserem ewigen Ziel im Himmelreich entgegen! Amen.