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Predigt:

Gott kommt als Gast zu uns

16. Sonntag im Jahreskreis C (17.07.2022)

L1: Gen 18,1-10a; L2: Kol 1,24-28; Ev: Lk 10,38-42


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Gäste zu erwarten und Gäste zu empfangen ist etwas Besonderes! Die Kultur der Gastfreundschaft ist vor allem im Nahen Osten ausgeprägt, und dies wird auch erkennbar in den Texten der Heiligen Schrift.

Die Lesung aus dem Buch Genesis erzählt von Abraham und seiner Frau Sara. Beide sind hochbetagt und richten ihre Hoffnung ganz auf Gott den Herrn aus. So sind sie auch fähig, die Zeichen des jeweiligen Tages zu erkennen. Und als dann drei Gäste kommen, empfängt sie Abraham mit Freude. Seine Frau Sara jedoch bereitet auf Geheiß ihres Gatten ein köstliches Mahl für die Gäste. Die Art und Weise, wie Abraham seine Gäste empfängt, zeigt, dass er ein hochkultivierter und vornehmer Mann ist. Obwohl er reich gesegnet ist an irdischen Gütern, ist sein Herz offen für Größeres und Bleibendes. Im Grunde erwartet Abraham Gott, den Herrn!

Und so darf es nicht überraschen, dass Abraham dann in den drei Gästen, die ihn besuchen, tatsächlich Gott dem Herrn begegnet. Gleichsam als Dank für die gute Bewirtung verheißen ihm die Gäste zum Abschied, dass seine Frau Sara das Jahr darauf einen Sohn gebären wird, was Sara fast nicht glauben kann. Denn sie und ihr Gatte sind schon alt und haben noch keine Kinder miteinander. Doch Gott steht zu seinen Verheißungen; er ist treu, und es wird in Erfüllung gehen, was er angekündigt hat.

Das Beispiel Abrahams und Saras zeigt, wie wahre Gastfreundschaft das Herz zugleich für die Mitmenschen und für Gott öffnet. Im Antlitz des Menschen, dessen Besuch ich erwarte und über den ich mich freue, begegnet mir Gott! Vielleicht ist das auch ein Leitgedanke für uns, und so könnten wir die alltäglichen Begegnungen mit Bekannten, Freunden und Fremden kultivieren und einen Wert entdecken, der weit über den Moment hinausgeht und letztlich auf die Ewigkeit Gottes verweist.

Auch im Evangelium nach Lukas ist von der Gastfreundschaft die Rede: Die Geschwister Maria, Martha und Lazarus sind mit Jesus befreundet. Und als er sie besucht, da hört ihm Maria mit Aufmerksamkeit zu, während Martha ganz in ihrer Aufgabe aufgeht, Jesus als Gastgeberin zu betreuen. Ja, beide sind ganz für den Gast da – und Jesus weiß dies zu schätzen. Er kennt den Glauben und die Liebe beider Frauen. Jede tut das, was ihr gemäß ist. Weil Maria dem Herrn zuhört, kann er zu ihr sprechen und ihr das Wort vom Heil verkünden. Sie ist aufmerksam; in ihrem Herzen wird dieses Wort gute Frucht bringen. Sie wird es auch weitergeben an ihre Geschwister.

Martha, die sich um das leibliche Wohlbefinden Jesu kümmert, hat aber irgendwann eine schwache Stunde: Sie ärgert sich über ihre Schwester, die scheinbar tatenlos dasitzt und nur zuhört. Sie überlässt die ganze Arbeit mir …! Und dann will Martha noch Jesus einspannen, um ihrem Ärger über die Schwester Luft zu machen: Sag ihr doch, sie soll mir helfen!

Jesus nimmt daraufhin in klarer Weise Stellung: Maria hat den guten, ja den besseren Teil erwählt. Der soll ihr nicht genommen werden. Wir können es auch so verstehen: Was erwartet sich denn ein Gast wirklich von den Menschen, die ihn aufnehmen? Ist es nur die materielle Sorge? Oder ist es vielmehr die liebende Aufmerksamkeit, das Interesse am Besucher, was wirklich zählt? Und hier in diesem besonderen Fall ist der Sohn Gottes selber zu Gast. Die Geschwister empfangen Jesus in seiner Menschlichkeit, und er offenbart sich ihnen als der Erlöser, der in die Welt gekommen ist, um uns ins Himmelreich zu führen.

Der Sommer ist Urlaubs- und Ferienzeit. Menschen verreisen oder kommen an. So begegnen wir guten Bekannten, Freunden, aber auch Fremden. Ein jeder Mensch verdient unsere ganze Aufmerksamkeit. Wenn wir diese zu schenken vermögen, wird uns Gott begegnen und uns segnen! Amen.