Predigt:
Gott ist unser Vater im Himmel
17. Sonntag im Jahreskreis C (27.07.2025)
L1: Gen 18,20-32; L2: Kol 2,12-14; Ev: Lk 11,1-13
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Die meisten Christen kennen es und beten es zumindest ab und zu: das „Vaterunser“. Wir sollten uns wohl öfter die nötige Zeit nehmen, um es aufmerksam zu beten und auch, um darüber betrachtend nachzudenken.
Jesus sagt ja in der Matthäus-Parallelstelle zum heutigen Evangelium nach Lukas: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen.“ (Mt 6,7). Ein gedankenloses Hersagen von Formeln ohne innere Beteiligung wird hier also kritisiert. Beim Gebet geht es ja um einen persönlichen Dialog mit Gott dem Herrn. Umgekehrt heißt dies natürlich nicht, dass unser Beten allein deshalb schon wertlos ist, weil wir nicht immer an das denken (können), was wir beten. Wie leicht werden unsere Gedanken doch abgelenkt! Und doch ist es wichtig, sich immer wieder neu in die Gegenwart Gottes zu versetzen und bewusst zu beten.
Wir dürfen Gott „Vater“ nennen: Das ist eine religionsgeschichtlich unerhörte Vertrautheit des Menschen mit Gott. Im Alten Testament und im Judentum ist diese Anrede Gottes schon manchmal gegeben, und doch gilt Gott hier vor allem als der Unaussprechbare und in gewissem Sinn Unnahbare. Jesus Christus aber steht als der eingeborene Sohn des himmlischen Vaters in einem unüberbietbaren Naheverhältnis zu diesem: Als zweite göttliche Person ist der Sohn vom Vater und vom Heiligen Geist unterschieden; sie sind jedoch eins in der Gottheit, und so ist der Sohn dem Vater „wesensgleich“, ebenso der Heilige Geist. Weil die zweite göttliche Person – also das ewige Wort – Mensch geworden ist, hat auch die Menschheit Christi in der Einheit mit dem göttlichen Wort Anteil an dieser einzigartigen Vater-Sohn-Beziehung.
Nun aber macht uns Jesus Christus durch die heilige Taufe zu seinen Schwestern und Brüdern, und so dürfen wir uns dem Sohn Gottes anschließen und zu Gott „Vater“ sagen. Weil Gott über alle Geschlechter erhaben ist und als Gott weder Mann noch Frau ist, deshalb dürfen wir diesen Ausdruck „Vater“ auch nicht ausschließlich in einer Bezogenheit auf das männliche Geschlecht verstehen. Es wäre aber dennoch nicht angebracht, das Vaterunser einfach abzuändern. Denn hier gilt es den Worten Jesu treu zu bleiben, der uns zu beten gelehrt hat, wie es im Geist und in der Wahrheit geschehen soll.
Wir sprechen Gott den Vater an, der „im Himmel“ ist. Damit wird die Erhabenheit Gottes ausgedrückt, und diese Verbindung des Wortes „Vater“ mit dem Wort „Himmel“ drückt diese lebendige Spannung zwischen Nähe Gottes und Andersartigkeit Gottes aus. Man spricht hier von seiner Immanenz und Transzendenz. Wir können Gott nicht auf unsere menschliche Ebene herabziehen, obwohl es wahr ist, dass Gott selbst in seiner Menschwerdung zu uns herabgestiegen ist.
Gott ist „unser“ Vater, und dies bedeutet eine Gemeinschaft aller Menschen, besonders aber aller an Jesus Christus Glaubenden und durch die Taufe Geheiligten. Auch das Beten des einzelnen geschieht immer in der Gemeinschaft der Glaubenden. Einer tritt für den anderen ein und betet stets nie für sich allein, sondern auch für die Mitmenschen. Denn wir sind in Jesus Christus zu einer einzigen Familie der Kinder Gottes zusammengefasst.
Im Evangelium ruft uns Jesus auf, vertrauensvoll zu beten. Denn wie schon irdische Väter und Mütter ihren Kindern das geben, was für sie gut ist, so ist Gott als Vater in jeder Weise um unser Wohl und Heil besorgt. Jedes Gebet, das wir an ihn richten, wird letztlich erhört, aber nicht immer so, wie wir es uns vorstellen. Wir dürfen nicht aufhören zu beten. Und vor der Bitte kommen Lobpreis und Dank. Denn so viel wurde uns bereits geschenkt, und nichts ist selbstverständlich.
Heute ist der Welttag der Großeltern. Auch für Ihren Einsatz wollen wir Gott dem Herrn danken und Fürbitte für sie einlegen. Wenn in einer Familie auch ein guter Bezug zu den Großeltern da ist, dann zeigt dies die Wertschätzung und Anerkennung, die wir älteren Menschen entgegenbringen sollen. Großeltern leisten immer wieder gute Dienste in der Betreuung der Enkelkinder und einfach im Dasein für Ihre Angehörigen. Ihre Lebenserfahrung, ihre Weisheit und vor allem auch ihr Glaube vermag die Jüngeren im Guten zu bestärken und in der Hoffnung auf Gott aufzurichten!
Jesus Christus selbst hatte als Mensch eine Mutter, die Jungfrau Maria, und einen väterlichen Beschützer, den heiligen Josef. Auch die Großeltern des Jesuskindes werden als Heilige verehrt, nämlich Joachim und Anna. Ihre Fürbitte geleite uns alle ins himmlische Vaterhaus! Amen.
