www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation
Word-Dokument

Predigt:

In den Armen Christus begegnen

28. Sonntag im Jahreskreis C (12.10.2025)

L1: 2 Kön 5,14-17; L2: 2 Tim 2,8-13; Ev: Lk 17,11-19


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Unser Heiliger Vater, Papst Leo XIV. hat mit Datum vom 4. Oktober 2025 ein Lehrschreiben veröffentlicht, welches den Titel trägt: „Dilexi te“. Dies erinnert an das Wort des Herrn aus der Offenbarung des Johannes. Dort heißt es: „Ich habe dir meine Liebe zugewandt.“ (Offb 3,9). Jesus Christus spricht dieses Wort zu einer christlichen Gemeinde, die schwach und unbedeutend scheint, und offenbart damit seine besondere Zuneigung zu den Armen, Leidenden und Ausgegrenzten.

Leo XIV. führt fort, was Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Dilexit nos“ begonnen hatte – die Betrachtung der Liebe Christi, die sich den Geringsten zuwendet. Er schreibt, dass in der Liebe Christi zu den Armen das Herz Gottes selbst sichtbar wird. Der Herr hat uns Menschen nicht von oben herab geholfen, sondern ist selbst arm geworden. Er hat unsere menschliche Schwäche angenommen, um sie zu erlösen. In dieser göttlichen Zuwendung liegt die Würde jedes Menschen begründet, und je schwächer jemand erscheint, desto mehr will Gott in ihm geliebt werden. Von da aus ergibt sich unsere christliche Berufung, unser Auftrag für die Welt: Wer Christus liebt, kann die Armen nicht vergessen, denn in ihnen ist er selbst gegenwärtig.

Darum sagt der Papst: Die Begegnung mit den Armen ist keine bloße Wohltätigkeit, sondern eine Form der Offenbarung Christi. „In den Armen hat er uns auch weiterhin noch etwas zu sagen.“ (Nr. 5). Das bedeutet: Wir begegnen Christus selbst, wenn wir den Bedürftigen, Kranken, Einsamen und Vergessenen begegnen. Es geht also nicht zuerst um ein Projekt, sondern um Beziehung, um Liebe, um einen Glauben, der gleichsam Fleisch wird, indem er zu Werken der Liebe inspiriert.

Im Evangelium des heutigen Sonntags hören wir, wie Jesus zehn Aussätzige heilt, doch nur einer kehrt zurück, um zu danken. Neun empfangen die Gabe, aber nur einer erkennt den Geber. Auch wir laufen Gefahr, Gaben zu empfangen, ohne das Herz zu öffnen für Gott, der sie uns schenkt. Wer aber Christus in den Armen erkennt, wer sich dem Leid nicht verschließt, der lernt selbst zu danken und gibt auch gerne an andere das weiter, was er empfangen hat.

Papst Leo erinnert an das Beispiel des heiligen Franz von Assisi. Franziskus war reich, bevor er in den Armen Christus erkannte. Durch die Umarmung eines Aussätzigen wurde er im Herzen gleichsam neu geboren. Diese Begegnung veränderte sein Leben und gab schließlich der Kirche einen neuen Impuls, indem der heilige Franziskus eine ganze Bewegung ins Leben rief, eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern, die selber arm waren und den Armen dienten. So ruft uns der Papst dazu auf, die gleiche Umkehr zu vollziehen: nicht bloß über die Armen zu reden, sondern ihnen zu begegnen, sie anzusehen und anzuhören, ja sie in Wort und Tat zu lieben.

Dabei weist er darauf hin, dass Armut viele Gesichter hat: materielle Not, geistige Leere, kulturelle Ausgrenzung, Krankheit, Einsamkeit, religiöse Leere. Deshalb genügt es nicht, nur materielle Hilfe zu leisten; es braucht eine ganzheitliche Zuwendung, die Leib und Seele umfasst. Jesus Christus ist der Arzt für Leib und Seele.

Schließlich sagt Leo XIV., dass wir als Kirche berufen sind, eine „Kirche für die Armen“ zu sein. Die Armen sind nicht nur Empfänger – sie sind Träger und Verkünder des Evangeliums. In ihnen leuchtet das Antlitz Christi auf. Wer sich ihnen zuwendet, findet dort Gott selbst.

Liebe Schwestern und Brüder, diese Botschaft fordert uns heraus. Jeder von uns kann etwas tun, aber vor allem sollen wir lernen, mit den Augen Christi zu sehen. Wenn wir den Armen mit Liebe begegnen, begegnen wir Christus. Wenn wir teilen, wird unser Herz weit. Und wenn wir danken wie der geheilte Aussätzige, dann erfahren wir das Heil, das aus der Liebe Gottes kommt.

Bitten wir den Herrn, dass wir seine Liebe, die er uns zuerst geschenkt hat, weitergeben können – in Wort und Tat, in Zuwendung und Barmherzigkeit. Denn wie Papst Leo XIV. schreibt: „Der Kontakt mit denen, die keine Macht und kein Ansehen haben, ist eine grundlegende Form der Begegnung mit dem Herrn der Geschichte.“ Jesus Christus zeigt uns sein Antlitz: in jedem Bruder, in jeder Schwester, denen wir begegnen und die auf uns angewiesen sind.

Amen.