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Predigt:

Friede und Freiheit kommen von Gott

30. Sonntag im Jahreskreis C (26.10.2025)

L1: Sir 35,15b-17.20-22a; L2: 2 Tim 4,6-8.16-18; Ev: Lk 18,9-14


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der österreichische Nationalfeiertag fällt heuer auf den Sonntag, und so feiern wir beides: den 26. Oktober als Tag des feierlichen Gedenkens der Befreiung Österreichs von den Besatzungsmächten sowie den 30. Sonntag im Jahreskreis C.

Am 15. Mai 1955 wurde im Schloss Belvedere in Anwesenheit von Vertretern der vier Siegermächte des zweiten Weltkriegs der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet. Heuer sind es genau 70 Jahre, seit dies geschehen ist. Österreich wurde die Freiheit und Unabhängigkeit als neutraler Staat garantiert. So wie die Menschen damals aufgeatmet haben und neue Hoffnung auf eine gute Zukunft für Österreich geschöpft haben, so wollen auch wir in Dankbarkeit gegenüber Gott dem Herrn all das Gute anerkennen, das damals und seither geschehen ist. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass damals eine regelrechte Gebetsbewegung entstanden ist, die gezielt für ein freies und unabhängiges Österreich unter dem Schutz der Gottesmutter Maria, der „Magna Mater Austriae“, den Rosenkranz gebetet hat.

Die erste Lesung des Sonntags aus dem Alten Testament, nämlich dem Buch Jesus Sirach, lässt anklingen, dass Gott der Herr stets ein Anwalt der Entrechteten und Benachteiligten ist. Zwar rühmen sich die Ungerechten und fahren fort in ihrem Tun, doch der Ausgang der Dinge ist bei Gott beschlossen: Er wird in Gerechtigkeit richten, und dann kommt auch der Arme und Benachteiligte zu seinem Recht. Insbesondere die Waisen und Witwen stehen für diese Gruppe der Menschen, die sich selbst schwer Recht verschaffen können und auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Das vertrauensvolle Gebet dieser Menschen dringt durch alle Wolken (vgl. 35,21). Gott kann man nichts vormachen, denn er kennt die Herzen der Menschen und alle ihre Lebensumstände. Er ist ein zugleich gerechter und barmherziger Richter!

Im zweiten Brief an Timotheus erinnert der Apostel Paulus an sein eigenes Schicksal und setzt seine Hoffnung auf Gott, der uns in Jesus Christus seinen Sohn gesandt hat. Dies ist der Inhalt der zweiten Lesung, die dem Neuen Testament entnommen ist. Auf für uns kommt es im Leben darauf an, den guten Kampf zu kämpfen und die Treue zu bewahren (vgl. 2 Tim 4,7). Dann steht auch für uns einst als Lohn der Kranz der Gerechtigkeit bereit. Auf Erden wird es so manche Prüfungen geben. Doch inmitten der Leiden und Verfolgungen stärkt Gott der Herr die Seinen. Er gibt ihnen Kraft und wird sie retten und schließlich ins himmlische Reich führen. So haben wir als Staatsbürger eine Verantwortung auf Erden; unsere wahre Heimat aber ist im Himmel.

Im Evangelium nach Lukas hören wir im Gleichnis Jesu, dass wir nicht selbstgerecht sein sollen. Diese Neigung und Versuchung könnte uns alle irgendwie befallen: Wir sehen, wie andere Menschen gleichsam über die Stränge hauen und ein Leben führen, das nicht den Geboten Gottes entspricht. Wie schnell fühlt man sich selber dann als der „Brave“ und „Gute“ und blickt verächtlich auf jene herab, welche ein ungeordnetes und lasterhaftes Leben führen. So ist es dem Pharisäer ergangen, der sogar in seinem Gebet nicht auf Gott blickt, sondern sein eigenes Leben rühmt und sich seiner eigenen Vollkommenheit sicher ist. Den Zöllner aber, welcher im Tempel ganz hinten stehen bleibt und es nicht wagt, die Augen zum Himmel zu erheben, verachtet der Pharisäer. Der Zöllner jedoch bittet Gott um Verzeihung für seine Sünden. Schlussendlich wird das Gebet des Zöllners, der als Sünder gilt, bei Gott erhört, das Gebet des vermeintlich Gerechten jedoch nicht.

Wir sollen also nicht über andere Menschen richten und urteilen, denn Gott allein kennt die Herzen der Menschen. Am besten wird es wohl sein, wenn das Innere und das Äußere übereinstimmen und der Mensch wahre Früchte der Frömmigkeit und Gerechtigkeit bringt. Ein solcher Mensch soll zugleich demütig bleiben und darf andere nicht verachten. Man soll vielmehr für alle Menschen, die in Not sind und auf Abwege geraten, Fürbitte einlegen. Dann wird auch das eigene Leben bei Gott gesegnet sein, und er wird uns beistehen.

Sind die Worte Jesu im heutigen Evangelium nicht auch eine Einladung an uns, dass wir auf diese Weise die zunehmende Spaltung in der Gesellschaft wenigstens zum Teil überwinden können? Denn keine gesellschaftliche Gruppe sollte andere verachten oder auf sie stolz herabblicken. Wir sind ja doch alle zur Einheit gerufen, und gerade in der Verschiedenheit unserer Talente und unserer Herkunft bauen wir gemeinsam am Haus unseres Volkes und wirken zusammen mit anderen Völkern zum Wohle aller. Möge uns auf die Fürbitte der Gottesmutter Maria auch weiterhin der Frieden und die Freiheit in Österreich und in Europa geschenkt werden! Amen.