Predigt:
Das Geheimnis Gottes offenbart sich uns
Dreifaltigkeitssonntag C (15.06.2025)
L1: Spr 8,22-31; L2: Röm 5,1-5; Ev: Joh 16,12-15
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Können wir das Geheimnis des dreifaltigen Gottes ergründen? Ist es für uns Menschen möglich zu begreifen, wer Gott wirklich ist und wer er für uns ist?
Nein, keineswegs! Gott entzieht sich unseren leiblichen Augen, und sein göttliches Wesen übersteigt unser menschliches Vorstellungsvermögen, ja unser gesamtes Denken!
Dennoch – und das ist die gute Nachricht: Gott hat sich nicht völlig vor uns verborgen, sondern er erschließt sich selbst, er offenbart sich uns durch seinen Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist! Eben dies feiern wir heute: dass der eine und zugleich dreipersönliche Gott sich uns als Geheimnis der Liebe und des Lebens mitteilt, um uns selbst zu Kindern Gottes und zu Erben des Himmels zu machen.
Glauben zu können ist zuallererst eine Gnade: Der Heilige Geist, also die dritte göttliche Person, bewegt die Herzen der Menschen, dass sie an Jesus Christus als den einzigen Sohn des himmlischen Vaters glauben und so das ewige Heil finden!
Glauben bedeutet aber, dass auch der ganze Mensch einbezogen ist. Es handelt sich um ein freies Ja des Menschen zu Gott, ausgedrückt im Wort „Amen“, was so viel bedeutet: Ich stimme zu; ja, ich glaube!
Aus ganzem Herzen und aus ganzer Seele an Gott zu glauben ist etwas, das unser Leben von Grund auf verändert. Wir gewinnen eine neue Perspektive. Das Leben endet nicht mit dem Tod; die Ewigkeit Gottes, an der wir teilhaben sollen, leuchtet auf. Unser Dasein auf Erden gewinnt so seinen eigentlichen Wert. Die Würde eines jeden Menschen wird dadurch bestätigt und vertieft, dass Gott selbst in Jesus Christus Mensch geworden ist und uns den Heiligen Geist als Geist der Wahrheit und der Liebe gesandt hat.
Je größer wir von Gott denken und sprechen, desto größer dürfen wir auch vom Menschen denken und sprechen! Der Mensch ist geschaffen als Abbild Gottes, und Jesus Christus erneuert dieses Bild Gottes in uns, welches durch die Sünde entstellt worden ist. Er schenkt uns Anteil an der ursprünglichen Heiligkeit, ja er erhebt uns über das bloß natürliche Leben und schenkt uns in seiner Gnade Anteil am göttlichen Leben. So heißen wir Kinder Gottes und sind es auch wirklich. In diesem Geist dürfen wir Gott als unseren „Vater“ vertrauensvoll anrufen und zu ihm beten. Denn er weiß, was wir brauchen, und trägt Sorge für uns.
Die Weisheit Gottes wird in der Lesung aus dem Buch der Sprichwörter als Person dargestellt. Gottes Werke sind untrennbar mit seiner Weisheit verbunden. Dies gilt so sehr, dass im Text kundgetan wird, dass die Weisheit das erste der Werke Gottes ist. Es handelt sich hier also um die geschaffene Weisheit. In Gott selbst freilich ist die ungeschaffene Weisheit gegeben. Insbesondere wird der zweiten göttlichen Person, also dem ewigen Wort, das Fleisch geworden ist, diese Weisheit zugeeignet. Jesus Christus ist daher gleichsam die in Person erschienene Weisheit Gottes, die uns alle im Heiligen Geist erleuchtet und über die wahre Anbetung Gottes belehrt sowie den Weg zum ewigen Heil weist.
Der Apostel Paulus spricht im Römerbrief davon, dass uns durch den Glauben an den lebendigen Gott eine unerschütterliche Hoffnung geschenkt ist. Diese Hoffnung ist mit jener Liebe verbunden, die uns Gott der Vater durch seinen Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist zuteilwerden lässt. Wir sind also gleichsam neugeschaffen, neugeboren aus Gott, wenn wir an den Erlöser Jesus Christus glauben und in Verbundenheit mit dem Heiligen Geist leben. Der unendliche und erhabene Gott scheut sich nicht, im Herzen des getauften Menschen zu wohnen. Als Kinder Gottes haben wir teil am göttlichen Leben, das sich vollenden wird in der Herrlichkeit des Himmels.
Jesus sendet uns vom Vater im Himmel aus den Heiligen Geist. Er leitet die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden in der ganzen Wahrheit. Gott selbst also trägt Sorge dafür, dass die Menschen die Botschaft vom Heil in ihrer Fülle vernehmen können und ihr im Glauben zuzustimmen vermögen. Wir sind nicht als Waisen zurückgelassen worden; Gottes Heiliger Geist ist bei uns, und dieser Geist Gottes erschließt uns das Geheimnis Gottes des Vaters, wie es uns der Sohn Gottes, Jesus Christus, geoffenbart hat. Obwohl wir auf der Erde leben, sind wir daher nicht mehr irdisch gesinnt. Unser Herz ist dort verankert, wo die wahren Freuden zu finden sind.
Im Kreuzzeichen und in den Grundgebeten wird uns bewusst, dass wir Gott als den einen und zugleich dreifaltigen bekennen. Unterlassen wir es an keinem Tag, zu Gott zu beten! Denken wir möglichst oft auch bewusst daran, dass wir in Gottes Liebe geborgen sind. Empfehlen wir unsere Mitmenschen der Hilfe und dem Schutz Gottes!
Denn wenn uns selbst so Großes zuteil geworden ist, wie uns der Glaube verheißt, dann werden wir im Herzen dazu gedrängt, auch unsere Mitmenschen der rettenden Liebe Gottes zu empfehlen. Das Heilswerk Gottes vollzieht sich in unseren Herzen. Einst aber möge uns Gott alle in seinem himmlischen Reich vollenden, zum Lob und Preis der einen und ungeteilten Dreifaltigkeit. Denn wir erwarten die kommende Herrlichkeit im Himmel. Schon jetzt aber dürfen wir dankbar und stauend bekennen, wie groß und gütig Gott der Herr ist! Wir bekennen ihn als den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist. Amen.