www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation

Ein falsches Wort zur falschen Zeit
Zu Bischof Stechers unangebrachter Kritik am Papst (1997)

Josef Spindelböck

Der Applaus vieler ist ihm sicher: Wenn Altbischof Dr. Reinhold Stecher von Innsbruck in einem am 12. Dezember 1997 bekanntgewordenen Brief den Papst heftig kritisiert und ihm Unbarmherzigkeit und Mißachtung des göttlichen Verkündigungsauftrags der Kirche vorwirft, so trägt dies sicher nicht dazu bei, das Ansehen der Kirche zu fördern. Die Vorwürfe an einen Pontifex, der an der Last seines Amtes schwer trägt und seine Aufgabe dennoch in großer Verantwortung wahrnimmt, erscheinen mehr als befremdlich.

In Sache und Form muß dem Innsbrucker Altbischof darum entschieden widersprochen werden: Der römische Papst hat von Christus den Auftrag, den Glauben unbeirrt zu verkünden und zu verteidigen. Diesem Anspruch sucht Papst Johannes Paul II. auch gerecht zu werden, so gut er es eben als Mensch vermag. Wahrscheinlich weiß keiner mehr als er selbst um die menschlichen Grenzen seines Amtes. Wenn ihm dann von einem zurückgetretenen Bischof derartige Vorwürfe gemacht werden, so macht das wenig Sinn. Entspricht es der gebotenen Fairneß, wenn man das sozusagen aus der Position eines „Heckenschützen“ tut, der kaum mehr kirchenrechtliche Konsequenzen zu fürchten hat und andere einen „vertraulichen“ Brief publizieren läßt?

Das Spannungsverhältnis zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit hat es in der Kirche zu allen Zeiten gegeben: Der gegenwärtige Papst verteidigt kraft seines Amtes die unumstößliche Ordnung der Gebote Gottes sowie die Disziplin der Kirche. Er ist sich aber bewußt, daß das „Heil der Seelen“ das oberste Gesetz der Kirche darstellt. So weiß er treues Festhalten am Glauben und an den Prinzipien der christlichen Moral sehr wohl mit Barmherzigkeit gegenüber den sündig gewordenen Menschen zu verbinden.

Zu zwei Details des Briefes von Bischof Stecher:

Die Predigt bei einer Eucharistiefeier durch den geweihten Bischof, Priester oder Diakon hat eine sakramentale Qualität, die vorgängig ist zur theologischen und menschlich-spirituellen Qualifikation des Predigers. Natürlich ist zu wünschen, daß auch diese Qualifikationen vorhanden sind. Für Laien gibt es im Rahmen der bestehenden kirchlichen Ordnung die Möglichkeit, ein „Glaubenszeugnis“ vor versammelter Gottesdienstgemeinde abzulegen, ohne damit die Homilie bei der Eucharistiefeier zu halten. Die römische „Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester“ vom 15. August 1997 setzt keine neuen Grenzen, warnt aber vor einer Verwischung der Unterschiede zwischen Klerikern und Laien, was weder dem einen noch dem anderen Stand in der Kirche zugute kommen würde. Gute Zusammenarbeit ist auch weiterhin das Ziel. Die Laien haben als Spezifikum ihren unersetzbaren Auftrag zur „Heiligung der Welt“.

Daß sich der gegenwärtige Papst die Laisierung von Priestern nicht leicht macht, dürfte bekannt sein. Ihn deshalb als „Schreibtischtäter“ zu bezeichnen, weil er nicht sofort zu allem „Ja und Amen“ sagt (das hat im übrigen nichts mit Verweigerung von Vergebung zu tun, sondern soll das einmal abgelegte Versprechen zur „freiwilligen Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ bewußt machen), ist ein ungeheurer Vorwurf. Ob dieser Stil der Liebe Christi entspricht?! Es ist bestimmt schmerzlich für viele aus dem Amt geschiedene Priester, in einer für sie nicht zufriedenstellenden kirchenrechtlichen Situation leben zu müssen. Der Priester und Philosoph Joseph Bernhart hat vor Jahrzehnten ein ähnliches Schicksal ertragen müssen. Doch hatte er die nötige Demut und Liebe zur Kirche, seine Situation anzunehmen und auf rechtliche Klärung zu warten. Auch heute gibt es viele aus dem Amt geschiedene Priester, die ihren Weg ohne Aufbegehren gegen die Kirche gefunden haben und dadurch das Erbarmen des Herrn und der Kirche erfahren. Steine werfen auf diese Priester sollte niemand – am wenigsten tut das der gegenwärtige Pontifex!

In seinem schweren Amt hat der Papst unsere Solidarität und unser Gebet, nicht aber lieblose Kritik nötig!

Bedenkenswert im Brief von Bischof Dr. Reinhold Stecher erscheinen manche Anfragen und Feststellungen, die bezüglich der Überforderung von Priestern gemacht werden. Gerade dies ist aber ein Lernprozeß für Priester und Gemeinden: den Priester dort zu entlasten, wo dies möglich ist; und umgekehrt als Priester seine Grenzen zu kennen und anzunehmen. Das kann nur gelingen in einer echten Spiritualität, wo Priester und Gemeinde kraft ihrer gläubigen Verbundenheit mit Gott unterscheiden lernen zwischen dem, was vordringlich ist, und dem, was als nachrangig im Moment nicht geleistet werden kann. Denkbar und wünschenswert erscheint es hier, bürokratische Tätigkeiten vermehrt Laien als wertvollen Mitarbeitern zu übertragen, damit sich die Priester den eigentlichen seelsorglichen Aufgaben widmen können. Der Papst in Rom sowie seine Mitarbeiter wissen um diese Nöte bestimmt besser Bescheid, als von Altbischof Stecher unterstellt. Der Druck kommt also nicht aus Rom, sondern ist vielfach selbstgemacht. Vielleicht, indem wir als Priester und Laien uns zu viele sekundäre Dinge aufbürden, dabei aber das Eigentliche – das Gebet und ein geistliches Leben, das zu echtem Apostolat befähigt – vergessen ...

Nachtrag: Bischof Dr. Reinhold Stecher hat in einem neuen Schreiben seinen Vorwurf unbarmherziger Härte gegenüber dem Papst bekräftigt und präzisiert. Wir fragen uns – bei aller sachlichen Problematik der Dispensfrage verheirateter Priester – : Mußte das wirklich sein? Wer hat genug Insider-Wisen, um die von Stecher aufgestellten Behauptungen und Vorwürfe zu überprüfen? Genügte es nicht, es dem Papst bzw. den zuständigen Kongregationen persönlich gesagt zu haben? Der Papst wird und kann sich nicht öffentlich verteidigen. Wir hoffen, daß dies andere tun werden!